Wer hat davon schon gehört oder gelesen ich schon mal vor einigen Jahren
01.08.2009,
Brennstoffe aus dem tiefen Erdinneren
von Ferdinand Knauss
Gibt es eine Quelle für Öl und Gas, von der bisher niemand wusste?
Geologen glauben fest daran. Jetzt haben sie herausgefunden, dass tief unter der Erde Kohlenwasserstoffe entstehen - die Bausteine unserer alltäglichen Brennstoffe. Über die Hintergründe einer wissenschaftlichen Sensation
DÜSSELDORF. Möglicherweise entstehen tief in der Erde, mehr als 50 Kilometer unter der Oberfläche, Kohlenwasserstoffe, also chemische Verbindungen, die den fossilen Brennstoffen entsprechen. Das legen Modellversuche amerikanischer Geologen nahe.
Das Öl und Erdgas, das heute das Rückgrat der Energieversorgung von Privathaushalten, Verkehr und Industrie ist, stammt von früher lebendigen Organismen (daher "fossile" Brennstoffe), die nach ihrem Tod von schweren Schichten der Erdkruste zusammengepresst und erhitzt wurden. Aber möglicherweise gibt es, wie jetzt Experimente nahelegen, noch eine weitere Entstehungsquelle
[s]Ölfässer in Hamburg: Kohlenwasserstoffe bilden den Grundstoff der Weltwirtschaft. Quelle: dpa[/s]
Geologen debattieren seit einigen Jahren, ob ein Teil dieser Kohlenwasserstoffe (Hydrocarbone) auch tiefer im Erdinneren ohne organisches Material entstanden sein könnte. Nun haben Wissenschaftler zum ersten Mal herausgefunden, dass Ethan und schwere Kohlenwasserstoffe unter den Druck- und Temperaturbedingungen im oberen Erdmantel - der Erdschicht unter der Kruste und am oberen Ende des Erdkerns - tatsächlich synthetisiert werden können. Möglicherweise beliefern diese unorganischen, unterirdischen Entstehungsquellen über tiefe Spalten auch die abbaubaren Erdölvorräte in viel höheren Schichten.
Die Versuche wurden von Forschern des Geophysikalischen Labors der Carnegie Institution und Kollegen in Schweden und Russland durchgeführt und in der Fachzeitschrift "Nature Geoscience" (Online-Ausgabe) veröffentlicht. Methan (CH4) ist der Hauptbestandteil von Erdgas, Ethan (C2H6) ist ein Ausgangsmaterial in der petrochemischen Industrie.
Mit Hilfe einer Hochdruckzelle aus Diamant (Diamond Anvill Cell) und einem Laser als Hitzequelle konnten die Forscher eine kleine Menge Methan einem gegenüber der Atmosphäre auf Meereshöhe 20 000-fach erhöhten Druck und Temperaturen zwischen 700 und 1230 Grad Celsius aussetzen. Das entspricht in etwa den Bedingungen 65 bis 150 Kilometer unter der Erdoberfläche
http://www.handelsblatt.com/technologie/forschung/brennstoffe-aus-dem-tiefen-erdinneren;2438755
Dabei reagierte das Methan und wurde zu Ethan, Propan, Butan, molekularem Wasserstoff und Graphit. Umgekehrt reagierte Ethan unter den gleichen Bedingungen chemisch zu Methan. Diese chemischen Reaktionen legen nahe, dass in diesen Tiefen der Erde schwere Kohlenwasserstoffe existieren könnten. Die Umkehrbarkeit der chemischen Reaktionen zeigt, dass die Synthese von Kohlenwasserstoffen thermodynamisch bestimmt ist, also durch Druck und Temperatur, und kein organisches Material benötigt.
Die Forscher schließen die Möglichkeit aus, dass bei den Versuchen unbeabsichtigt Katalysatoren am Werke waren, die die Reaktionen auslösten. Allerdings könnten im Gemisch des Erdmantels durchaus andere Substanzen die Prozesse als Katalysator beeinflussen.
"Wir waren neugierig geworden durch vorangegangene Experimente und theoretische Vorhersagen", berichtet Alexander Goncharov von der Carnegie Institution, einer der Koautoren der Studie. In diesen bisherigen Versuchen konnten die aus dem Methan unter Druck entstandenen Moleküle nicht identifiziert werden. Eine verbesserte Laser-Heizung habe nun Versuche mit größeren Gasmengen und eindeutigen Resultaten erlaubt.
"Nun muss die Synthese und Stabilität der hier erforschten Komponenten und anderer schwerer Kohlenwasserstoffe unter allen Bedingungen des Erdmantels untersucht werden", fordert Wladimir Kutscherow, Koautor der Studie und Professor an der Lomonossow-Akademie in Moskau. Es sei vor allem wichtig zu erfahren, in welchem Maße der gebundene Kohlenstoff seine Wanderung nach oben in die Öl- und Gaslagerstätten der Erdkruste überstehe (ohne zum Beispiel zu CO2 zu oxidieren). In der Öl- und Gasfördernation Russland dürfte das Interesse an diesen Fragen nicht gering sein
http://www.handelsblatt.com/technologie/forschung/brennstoffe-aus-dem-tiefen-erdinneren;2438755;2