Erkennung der Feuerbrandsymptome und deren Behandlung nach Dr. Berger :
Vorgehensweise bei Feuerbrand befallsverdächtigem Pflanzenmaterial zur Diagnose
Problemstellung:
Immer wieder kommt es vor, dass von befallsverdächtigem Pflanzenmaterial von Obstbauern aber auch von Pflanzenschutzfachleuten Proben gezogen werden und der Erreger Erwinia amylovora nicht nachgewiesen werden kann! Meistens können Pseudomonaden nachgewiesen werden, die aber nicht die verantwortlichen Erreger waren, sondern nur als Saprophyt auf dem schon geschwächten Holz vorkamen. Trotzdem sterben die Bäume nach wenigen Jahren ab, indem sie bedingt durch Canker immer kahler werden und im Spätsommer bis Herbst vermehrt eine frühe Herbstfärbung in rot (saure Böden) oder gelb (basische Böden) zeigen.
Ist Erwinia amylovora ein Epiphyt (oberflächlich auf den Blättern bzw. in den Blüten lebend) oder ein Endophyt (im Pflanzengewebe lebend)?
Auch diese Frage ist für die Probenahme von Bedeutung. Canker stoßen nur bei hoher relativer Luftfeuchte (> 70 %) Bakterienschleim (mit Levan- und Amylovan-Schleimhülle) aus. Dieser wird durch Wind, Regen und Insekten auf andere Pflanzenoberflächen gebracht. Solange die Bakterien die schützende Schleimhülle haben, sind sie fast nicht zu vernichten. Unter trockenen Bedingungen gehen die Bakterien mit Schleimhülle in Ruhe und können noch nach Jahren dann unter feuchten Bedingungen und Vorhandensein von Zucker sich wieder vermehren! Sofern die Schleimhülle aber verzehrt wurde und die Bakterien dann keinen Zucker finden, gehen sie dann unter trockenen Bedingungen sehr schnell zugrunde!
D. h. Erwinia amylovora ist eigentlich nur ein bedingter Epiphyt! Während der Blütezeit kann der Erreger sich in den Blüten vom Nektar und später auf den Blättern von Honigtau, ausgeschieden von Blattläusen oder Blattsaugern, vermehren! Wenn Honigtau vorhanden ist kann er jede Gattung befallen und aus dem Honigtau organische Säuren produzieren, die dann phytotoxisch wirken. Findet er keine freien Zucker vor, geht der Erreger ohne schützende Schleimhülle sehr schnell zugrunde! In der restlichen Zeit ist er ein absoluter Endophyt und vermehrt sich nur im Pflanzengewebe! (Thomson 2000, Berger 1996, Miller 1984).
Konsequenzen für die Probenahme:
Um einen positiven Nachweis sicher später führen zu können, muss bei Nichtregentagen die Probe in den frühen Morgenstunden (3-7 Uhr) gezogen werden, solange die Luftfeuchte noch hoch und der Erreger noch nicht vertrocknet ist! Während der Blütezeit oder bei Vorhandensein von Honigtau kann oft auch außerhalb der Tauphase der Erreger gesammelt und nachgewiesen werden.
Probenahme abhängig von der später verwendeten Untersuchungsmethode!
Möglichst sterile Einweghandschuhe benutzen!
Die sicherste und sensitivste Untersuchungsmethode ist die Polymerase Kettenreaktion (Polymerase chain reaction = PCR) (Bereswill et al. 1992, 1993, Berger 1996). Nur wenn dieses Verfahren nicht zur Verfügung steht, sollte das konventionelle Plattenausstrichverfahren verwendet werden!
Der Nachteil beim konventionellen Plattenausstrichverfahren, besteht in der geringeren Sensitivität, dem höheren Zeitaufwand und oft auch an der fehlenden Erfahrung beim Erkennen verdächtiger Bakterienkolonien auf den Agarplatten. Ein Bakteriologe muss nämlich in gleicher Weise auf den Agarplatten verdächtige Kolonien suchen, wie ein Obstbauer an seinen Bäumen die Canker!
Für beide Verfahren ist es notwendig, dass der Probezieher die Übergangszone von lebendem zu totem Gewebe (Canker, Triebe) findet und diese dann einschickt! Nur in den seltesten Fällen hat man das Glück Bakterienschleim direkt zu finden!
Wird das Probematerial in Plastiktüten gesammelt und im Auto verwahrt, kommt es recht häufig vor, dass es im Sommer zu einer Überhitzung kommt (>40° C) und dadurch die Bakterien absterben! Zwar können mit der PCR z. T. auch tote Bakterien nachgewiesen werden, doch meistens ist deren Dichte im Material nach Waschung zu gering! Wird das Material beim Transport zu stark gekühlt (<10° C), vermehren sich einseitig Pseudomonaden, wodurch wieder das Untersuchungsergebnis gerade bei konventionellem Plattenausstrichverfahren verfälscht wird! Bleibt das Material feucht ohne Zucker als Nahrung liegen und wird nicht gleich aufbereitet, sterben die Erwinia amylovora Bakterien ohne Schleimhülle ab!
Deshalb folgende Vorgehensweise:
Für konventionelles Plattenausstrichverfahren:
In sterilen Plastiktüten das Material wie oben beschrieben sammeln und bei Temperaturen zwischen 10-20° C möglichst schnell (3-4 h) transportieren und sofort aufbereiten! Bakteriologen mit entsprechender Erfahrung können wie bei der PCR ein Anreicherungsmedium verwenden.
Für PCR:
Herstellung von Schüttelnährmedium, Abfüllen in Literflaschen mit 0,5 l Flüssigkeit und autoklavieren. Sofern kein Labor zur Verfügung steht, kann im Notfall auch mit Hilfe eine Eindünsttopfes das Schüttelmedium steril gemacht werden (100° C). Sind keine Labormaterialien vorhanden, eignet sich auch das unten beschriebene Alternativmedium.
Nutrient Saccharose Calcium Medium (NSC)
Nutrient Broth 8 g
Saccharose 50 g
Ca-Carbonat CaCO3 50 g
H2O dest. 1000 ml
Alternativmedium
150 g Bäckerhefe
150 g Zucker
150 g Ca-Carbonat CaCO3
1 l Wasser
Die so vorbereiteten Literflaschen können direkt mit auf das Feld genommen werden. Probematerial zum oben beschriebenen Zeitpunkt mit Einweghandschuhen entnehmen und in vorbereitete Flaschen geben. Schnittwerkzeug oder Messer mit Flamme desinfizieren! Flaschen bei Temperaturen zwischen 10° - 27° C transportieren. Vorteil dieses Transportverfahrens liegt in der schnellen Vermehrung der Bakterien schon während des Transportes! Das Auto ersetzt den Schüttler im Labor! Weitere Vorgehensweise im Labor siehe Dissertation Berger (1996).
Die Aussage es konnte Erwinia amylovora nicht nachgewiesen werden, bedeutet aber nicht, dass es nicht doch Feuerbrandmaterial war! Deshalb sieht die Feuerbrandverordnung auch das Handeln bei Verdacht vor!
Literatur:
Bereswill S, Pahl A, Bellemann P, Berger F, Zeller W and Geider K (1993) Efficient detection of Erwinia amylovora by PCR-analysis.- Acta Hort. 338, 51-58
Bereswill S, Pahl A, Bellemann P, Berger F, Zeller W und Geider K (1992) Der sensitive und spezifische Nachweis des Feuerbranderregers Erwinia amylovora durch die Polymerase-Kettenreaktion (PCR).- Mitt. Biol. Bundesanst. 283, 327
Berger F (1996) Untersuchungen zur Epidemiologie des Feuerbrandes Erwinia amylovora ((Burrill) Winslow et al.) unter besonderer Berücksichtigung der Prognose der Krankheit. - Dissertation im Fachbereich Gartenbau der Universität Hannover. - 1-258.
Miller H J (1984) Erwinia amylovora detection and its significance in survival studies. – Acta Hort. 151, 63-68.
Thomson S V (2000) Epidemiology of fire blight 9-36. – Fire blight, the disease and its causative agent, Erwinia amylovora, edited by J L Vanneste. Cabi Publishing.