Im Nachgang der Auszug zum Thema Landwirtschaft und deren Anforderungen gem. Klimaschutz bis 2050.
5.5. Klimaschutz in der Landwirtschaft
Ausgangslage
Die Landwirtschaft ist in besonderer Weise vom Klimawandel betroffen, aber
zugleich auch ein Emittent von Treibhausgasen. Darüber hinaus kann sie durch die
nachhaltige Erzeugung biogener Rohstoffe einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz
leisten. Kernaufgabe der Landwirtschaft ist es, die Ernährung auf nachhaltige Weise
sicherzustellen. Zugleich ist es das Ziel der Bundesregierung, neben der Anpassung
der Landwirtschaft an den Klimawandel weitere Klimaschutzpotentiale der
Landwirtschaft auszuschöpfen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie
weitere Aufgaben werden von der Landwirtschaft wahrgenommen. Die
Bundesregierung fördert Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, um weitere
Potenziale für die Anpassung an die Klimaänderung und die Minderung von
Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft zu erschließen.
Die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft betrugen im Jahr 2014 72 Mio. t
CO2-Äq., das sind 8 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Die
größten Emissionsquellen sind die Lachgasemissionen als Folge des
Stickstoffeinsatzes bei der Düngung (25 Mio. t CO2-Äq.), die Methan-Emissionen aus
der Verdauung von Wiederkäuern (25 Mio. t CO2-Äq.), die Emissionen aus dem
Güllemanagement (10 Mio. t CO2-Äq.) sowie die Treibhausgasemissionen aus dem
Kraftstoffeinsatz landwirtschaftlicher Maschinen und Fahrzeuge (6 Mio. t CO2-Äq.).
Die Emissionen der Landwirtschaft lagen im Jahr 2014 etwa um 18 Prozent unter
dem Niveau von 1990. Die deutlichen Minderungen in den Jahren 1990 bis 1994
sind vor allem auf den Rückgang der Viehbestände infolge des Strukturwandels in
den neuen Ländern zurückzuführen. Weitere Minderungen resultieren beispielsweise
aus einem verbesserten Düngemittelmanagement.
Da die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen zum größten Teil auf
natürlichen physiologischen Prozessen beruhen, sind sie nur eingeschränkt über
technische Maßnahmen zu mindern.
Leitbild 2050 und Transformationspfad
Die Sicherung der Ernährung, der Schutz des Klimas, die Versorgung mit
nachwachsenden Rohstoffen und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen
gehören zu den wichtigsten Aufgaben der Landwirtschaft. Die Bundesregierung setzt
sich dafür ein, dass diese Aufgaben möglichst Hand in Hand gehen und potentielle
Zielkonflikte vermieden werden. Auf Grund biologischer Prozesse im Pflanzenbau
und in der Tierhaltung ist eine Minderung auf null Emissionen wie in anderen
Sektoren nicht möglich. Der Schwerpunkt der Klimaschutzanstrengungen in der
Landwirtschaft bis 2050 wird auf Maßnahmen liegen, die auf eine
Emissionsminderung und Steigerung der Ressourceneffizienz in einer nachhaltigen
Agrarproduktion abzielen.
Die Landwirtschaft kann ihre Treibhausgasemissionen auch langfristig nicht
vollständig vermeiden. Aber auch die Landwirtschaft muss bis 2050 im Vergleich
zum Zwischenziel 2030 noch einmal deutlich reduzieren; auch mit Blick darauf, dass
noch genügend Emissionsmengen insbesondere für nicht vermeidbare
Prozessemissionen der Industrie zur Verfügung stehen. Dieses Ziel birgt bei
gleichzeitiger Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Produktion für eine
wachsende Weltbevölkerung und angesichts des VN-Ziels für Nachhaltige
Entwicklung „Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere
Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“ (SDG 2) große
Herausforderungen und erfordert vielfältige Forschungsanstrengungen. Die
Forschungsaktivitäten müssen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler
Ebene verstärkt werden.
Ein wichtiger Pfad zum Erreichen des Klimaschutzziels ist es, Stickstoffüberschüsse
abzubauen und dauerhaft zu reduzieren. Unter anderem müssen dazu die
Ammoniakemissionen der Landwirtschaft substantiell reduziert werden. Die
Minderungsverpflichtungen der NEC-Richtlinie sind möglichst zeitnah einzuhalten,
und weitere Minderungen sind notwendig, damit die Ziele der NERC-Richtlinie, in der
nationale Emissionsminderungsverpflichtungen bis 2030 festgelegt sind, erreicht
werden.
Der Wandel hin zu einer nachhaltig gestalteten, stärker biobasierten Wirtschaft, die –
gemäß der „Nationalen Politikstrategie Bioökonomie“ – weniger fossile Rohstoffe
einsetzt oder ganz ohne diese auskommt, sollte im Sinne des Klimaschutzes weiter
vorangetrieben werden. Eine nachhaltig gestaltete Bioökonomie trägt sowohl zum
Erreichen der Klimaziele als auch zum Erreichen verschiedener Nachhaltigkeitsziele
der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bei.
Aufgrund biologischer Prozesse im Pflanzenbau ist eine Minderung auf null
Emissionen bei der Erzeugung von Anbaubiomasse nicht möglich. Da die
Energieversorgung bis spätestens 2050 nahezu vollständig dekarbonisiert erfolgen
muss und in Folge der Beanspruchung von Flächen für die Ernährung wird die
Bedeutung des Klimaschutzbeitrags von Bioenergie aus Anbaumasse an Grenzen
stoßen. Demgegenüber wird die Nutzung von Bioenergie aus Rest- und Abfallstoffen
einen wichtigen Beitrag zur sektorenübergreifenden Energieversorgung leisten, so
dass die nachhaltig vorhandenen Potentiale ausgeschöpft werden. Eine quantitative
Ausweitung der Anbaufläche von nachwachsenden Rohstoffen über den aktuellen
Stand hinaus ist nicht zu erwarten und kommt auch übergangsweise auf Grund von
Flächenrestriktionen und Nachhaltigkeitserwägungen nicht in Betracht.
Beispielsweise ist die Vergärung pflanzlicher Biomasse aus der Biogaswirtschaft in
den letzten Jahren mitverantwortlich für steigende Ammoniak-Emissionen in
Deutschland.
Angesichts von Flächen- und Nutzungskonkurrenzen durch Anbaubiomasse stützt
dieser Transformationspfad zusätzlich die VN-Ziele für Nachhaltige Entwicklung in
den Bereichen Ernährung (SDG 2) und biologische Vielfalt (SDG 15).
Soweit möglich muss eine Kaskaden- und Koppelnutzung das Ziel sein. Dabei sind
zur Minimierung der Feinstaub-Belastung bei Holz- und Strohnutzung die Vorgaben
der 1. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImschV) zu beachten.
Meilensteine 2030
Gemäß dem Zwischenziel für 2030 müssen die Treibhausgasemissionen der
Landwirtschaft auf 58 bis 61 Mio. t CO2-Äquivalente bis 2030 gemindert werden.
Um Emissionen reaktiven Stickstoffs im Sektor Landwirtschaft zu verringern, sollte im
Zuge von Effizienzsteigerungen bei der Düngung eine deutliche Senkung der
Stickstoffüberschüsse angestrebt werden. Zwischen 2028 und 2032 soll der
Stickstoffüberschuss in der Gesamtbilanz auf 70 kg N/ha verringert werden. Bis 2050
soll eine weitere deutliche Verringerung erreicht werden. Ein integrierter
Stickstoffbericht der Bundesregierung wird 2017 den Sachstand zu den aus den
verschiedenen Sektoren stammenden Stickstoffemissionen darstellen und
Lösungspfade für die Minderung reaktiver Stickstoffemissionen beschreiben. Zudem
müssen die Ammoniakemissionen der Landwirtschaft substantiell reduziert werden.
Die Minderungsverpflichtungen der NEC-Richtlinie sind möglichst zeitnah
einzuhalten. Weitere Minderungen werden notwendig, wenn die NERC-Richtlinie, in
der nationale Emissionsminderungsverpflichtungen bis 2030 festgelegt sind,
umzusetzen ist. Minderungsmaßnahmen sind beispielsweise im Managementbereich
und/oder durch Technik erforderlich.
Weitere Synergien zwischen Luftreinhaltung und Klimaschutz ergeben sich dadurch,
dass verringerte Methanemissionen zu einer Minderung der weiträumigen
Ozonbelastung beitragen.
20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche sollten ökologisch bewirtschaftet
werden. 2014 lag dieser Flächenanteil bei 6,3 Prozent. Ein weiterer Ausbau des
Ökolandbaus ist auch vor dem Hintergrund der stetig steigenden Nachfrage nach
ökologisch erzeugten Produkten anzustreben.
In den Zeitraum bis 2020 fällt die Diskussion über die nächste Reform der
Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Die Ausgestaltung der GAP und deren
nationale Umsetzung haben einen erheblichen Einfluss auf die
Bewirtschaftungsintensität der Landwirtschaft und somit auch auf die daraus
resultierenden THG-Emissionen. Die EU-KOM hat mit der Einführung des „Greening“
der Direktzahlungen im Rahmen der GAP-Reform 2013 das Ziel verfolgt, die
Agrarpolitik ökologischer auszugestalten. Die GAP soll künftig noch stärker auch zu
Zielen des Klimaschutzes beitragen. Dafür sind mögliche zukünftige Elemente der
GAP hinsichtlich ihrer Effektivität für den Klimaschutz zu prüfen. Die Förderung
klimaschonender Produktionsweisen soll an dem Prinzip „öffentliche Mittel für
öffentliche Leistungen“ ausgerichtet werden.
Maßnahmen
Agrarpolitische Förderung
Ein Mittel zur Senkung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft sind die
Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die
Bundesregierung setzt sich hier bereits heute und auch bis 2020 insbesondere im
Kontext der Verhandlungen kontinuierlich für eine Orientierung der Förderpolitik an
den klimapolitischen Beschlüssen der EU ein.
Mit der aktuellen Novellierung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe
„Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sollen auch
Maßnahmen einer markt- und standortangepassten sowie umweltgerechten Landund
Waldbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege
gestärkt werden. Diese leisten einen Beitrag zum Klimaschutz über direkte
Klimaschutzmaßnahmen und indirekt über Maßnahmen zum Umwelt- und
Naturschutz sowie zur Landschaftspflege.
Die Bundesregierung prüft die bereits nach gegenwärtigem EU-Recht mögliche
höhere Mittelumschichtung von der ersten in die zweite Säule der GAP (Förderung
der ländlichen Entwicklung).
Weitere Senkung der Stickstoffüberschüsse
Die Bundesregierung wird sich gemeinsamen mit den Ländern für die vollständige
Umsetzung und den konsequenten Vollzug des Düngerechts, insbesondere der
Düngeverordnung (DüV) und der geplanten Rechtsverordnung zur guten fachlichen
Praxis zum Umgang mit Nährstoffen in Betrieben, einsetzen, so dass der Zielwert der
deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 70 kg/N/ha zwischen 2028 und 2032 erreicht
wird. Durch gezielte Fördermaßnahmen der GAP wie auch der GAK sollen die
Landwirte in ihren Anpassungsstrategien unterstützt werden. Die Bundesregierung
wird die gezielte Forschung und weitere Entwicklung zu
Stickstoffminderungsmaßnahmen fördern. Forschungs- und Entwicklungsbedarf
besteht in Bezug auf die weitere Verbesserung der Stickstoff-Ausnutzung und in
Bezug auf neue innovative Maßnahmen zur Vermeidung von Ammoniakemissionen.
Im Mittelpunkt sollen dabei innovative Ansätze im Wirtschaftsdüngermanagement
und eine Verbesserung der Stickstoffausnutzung bei organischer Düngung stehen,
um dadurch die Senkung von Lachgasemissionen zu erreichen. Hinzu kommen
Maßnahmen der Verbesserung der Stickstoffeffizienz in der Fütterung.
Erhöhung des Flächenanteils des Ökologischen Landbaus
Der Ökolandbau ist neben dem konventionellen Landbau eine wichtige Säule der
deutschen Land- und Ernährungswirtschaft. Aufgrund seiner Prinzipien (z. B.
Kreislaufwirtschaft, flächengebundene und besonders tiergerechte Haltung) eröffnet
die Umstellung auf ökologischen Landbau insbesondere kleineren und mittelgroßen
Familienbetrieben eine Entwicklungsperspektive für die Zukunft. Der Ökolandbau
orientiert sich mit seiner Bewirtschaftungsweise im besonderen Maße am Prinzip der
Nachhaltigkeit und erbringt gesellschaftliche Leistungen, insbesondere im Umwelt-,
Klima und Ressourcenschutz. Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es daher, dass
der Ökolandbau einen Flächenanteil von 20 Prozent der landwirtschaftlichen
Gesamtfläche erreicht.
Gemeinsam mit der ökologischen Lebensmittelwirtschaft und unter Beteiligung von
Ländern, Wissenschaft und Verbänden wird partizipativ eine Zukunftsstrategie
ökologischer Landbau entwickelt, um 20 Prozent Flächenanteil in absehbarer Zeit
erreichen zu können. Darin werden die politischen Rahmenbedingungen analysiert
und Strategien zur Verbesserung der relativen Vorzüglichkeit besonders nachhaltiger
Produktionsverfahren wie dem Ökolandbau entwickelt. Angesichts der komplexen
Wirkungszusammenhänge sollen in der Zukunftsstrategie ausgewählte zentrale
Handlungsfelder gebündelt und miteinander verknüpft werden. Die Auswahl dieser
Handlungsfelder soll pragmatisch an der Leitfrage "Was kann insbesondere auf
nationaler Ebene getan werden?" ausgerichtet werden.
Im Vordergrund sollen Vorschläge stehen, die zu mehr Wachstum im ökologischen
Landbau führen und die Nachhaltigkeitsleistungen des ökologischen Landbaus
weiter verbessern. Insoweit sollen mit der Zukunftsstrategie von nationaler Ebene
aus andere Ansätze ergänzend effizient unterstützt werden. Das sind insbesondere
Maßnahmen der Länder zur Stärkung der heimischen Ökolandwirtschaft wie
Aktionsprogramme oder Öko-Modellregionen.
Die im Nationalen Programm für nachhaltigen Konsum genannten Vorschläge und
Maßnahmen im Ernährungsbereich sind geeignet, auch den ökologischen Landbau
zu stärken. Die Bundesregierung wird sich daher dafür einsetzen, das Programm
ambitioniert umzusetzen. Angesichts des noch deutlichen Abstands zur
Zielerreichung wird die Bundesregierung darüber hinaus prüfen, wie der ökologische
Landbau durch weitere Maßnahmen gefördert werden kann. Dazu gehört auch die
Kohärenz von Maßnahmen.
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