Zitat Siegener Zeitung v. 26.11.2015
Schmallenberger Waldbauern legen nochmal nach
Kläger verschärft den Wisent-Streit
Bad Berleburg. Der Verein arbeitet indes an Lösungen, um die Tiere aus dem Sauerland fern zu halten. Der Klägeranwalt spricht davon, dass der Trägerverein auf Zeit spielt.
tika - Diese Reaktion kann und will Dr. Michael Emmrich nicht verstehen. Fünf Wochen nachdem das Landgericht Arnsberg den 17 freilebenden Wisenten ein Betretungsverbot für die Flächen zweier Waldbauern aus Schmallenberg erteilt hat, legen die Kläger jetzt noch einmal nach – mit einer Anzeige wegen einer Ordnungswidrigkeit. Und die richtet sich gegen jene Akteure, die einst den Vertrag zur Freisetzung der Tiere im Rahmen des Artenschutzprojektes unterzeichnet haben. „Die Anzeige ist gerade zu diesem Zeitpunkt alles andere als förderlich. Besser wäre es gewesen, sich erstmal gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Das ist nicht das richtige Signal, ich sehe keine Not darin“, erklärte der Pressesprecher des Wisenträgervereins aus Bad Berleburg auf SZ-Anfrage. Betroffen von der Anzeige sind unter anderem der Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel, der damalige Landrat Paul Breuer, der Regierungspräsident sowie auch die Vorstandsmitglieder des Wisentträgervereins, die am 8. April 2013 jenen Kontrakt unterschrieben haben. Für Dr. Michael Emmrich allerdings ist dies nicht mehr als ein Störsignal bei der Suche nach einer Lösung zur adäquaten Umsetzung des Urteils vom 16. Oktober in Arnsberg.
Der Verein bittet um Zeit für die Umsetzung
„Wir wollen Maßnahmen finden, die helfen, die Wisente davon abzuhalten, ins benachbarte Sauerland zu gehen. Wir wollen diese Lösungen nicht gegen andere Personen treffen, sondern im Konsens. Das ist unsere Aufgabe“, erklärte der Pressesprecher, der damit explizit auf die richterliche Anordnung verwies, mit den Klägern im Dialog zu bleiben. Ein Lösungsansatz soll dabei sein, eine Wiese zwischen Wittgenstein und Sauerland (in der Nähe von Kühhude) zu pachten und derart mit Nahrungsangeboten anzureichern, dass die Tiere den Weg gen Schmallenberg nicht mehr suchen. Diese Ansätze basieren auf einem wissenschaftlichen Gutachten, das der Trägerverein für die Lösungssuche verwendet. „Wir wollen gezielte Lenkungsfütterungen machen, um das Gebiet in Wittgenstein für die Tiere attraktiver zu machen“, erläuterte Dr. Michael Emmrich, der auch um Zeit für die Umsetzung warb.
Weitere Schäden in Höhe von 10.000 Euro?
Dass der Wisent-Verein in Berufung geht, vermutet auch Rechtsanwalt Hans-Jürgen Thies, der einen der Waldbauern aus Schmallenberg in dem Prozess vertritt. „Der Trägerverein hat die Möglichkeit zur Berufung und ich halte dies für nicht unwahrscheinlich, schon um Zeit zu gewinnen. Möglicherweise hoffen die Verantwortlichen auf eine normative Kraft, also darauf, dass mit der Zeit unumstößliche Tatsachen geschaffen sind, die auch ein Gericht nicht mehr revidieren kann“, erklärte der Jurist aus Hamm. Der Rechtsanwalt beklagte indes im Gespräch mit der Heimatzeitung, dass nach dem Urteil vor fünf Wochen „herzlich wenig passiert ist. Das ist tragisch“, erklärte Hans-Jürgen Thies. Laut ihm sind den Waldbauern seit der Urteilsverkündung weitere Schäden in Höhe von 10.000 Euro entstanden, die Zahl der hilfesuchenden Waldbauern aus dem Sauerland hat sich weiter erhöht.
„Vertrag zur Freisetzung rechtlich haltlos“
„Die Tiere sind mehr denn je auf den Flächen der Waldbauern und verursachen dort Schäden. Meine Wahrnehmung ist, dass der Verein selbst ratlos ist. Da kommen hilflose Gedanken, um mittel- und langfristig Lösungen zu schaffen, von denen niemand weiß, ob sie tatsächlich greifen“, forderte Hans-Jürgen Thies eine sofortige Lenkung der instinktgesteuerten Wisente. Aus dieser aus seiner Sicht gegenwärtig verschärften Situation leitet der Rechtsanwalt auch die Klage wegen einer Ordnungswidrigkeit ab. „Ich habe diese Klage im Auftrag meines Mandanten gemacht, weil sich die Tiere weiterhin auf seiner Fläche aufhalten“, erklärte Hans-Jürgen Thies, der den Vertrag zur Freisetzung der Tiere als rechtlich haltlos betrachtet.
Es bleibt spannend.