Die geplante Fusion der drei Großmolkereien Humana, Milch-Union Hocheifel (MUH) und Hansa stößt auf Widerstand. Grund ist der Widerwillen der Milchbauern, die in den genossenschaftlich organisierten Unternehmen das Sagen haben.
"Wenn wir heute abstimmen würden, kämen wir sicherlich nicht auf die erforderliche Mehrheit", sagte MUH-Geschäftsführer Rainer Sievers. Er ist zurzeit auf Werbetour bei Anteilseignern. An MUH sind 2600 Landwirte beteiligt; einer Fusion müssen mindestens drei Viertel zustimmen. "Diese Mehrheit wird erst möglich sein, wenn Humana die Voraussetzungen zur Fusion erfüllt", sagte Sievers der FTD.
Damit gerät das Ziel der Molkereien in Gefahr, künftig besser mit internationalen Konkurrenten mithalten zu können. Der Zusammenschluss von MUH und Humana war Mitte November angekündigt worden. Kurz darauf erklärte Humana-Kooperationspartner Hansa (bekannt für die Marke Hansano), er wolle dem Bündnis beitreten. Ab 2008 soll daraus ein neuer Marktführer in Deutschland hervorgehen. Mit einem Jahresumsatz von 3,2 Mrd. Euro wäre er auf Augenhöhe mit ausländischen Wettbewerbern wie Campina. Doch MUH befürchtet, Humana wolle sich mit Hilfe des kleineren Partners sanieren. "Die Landwirte sind skeptisch, es gibt viele Bedenkenträger", sagte Sievers.
Humana macht zwar viermal so viel Umsatz wie MUH, schneidet aber schlechter bei Eigenkapitalquote und Milchpreis ab. Das muss sich in den kommenden Monaten ändern. "Ansonsten gibt es keinen Zusammenschluss", sagte Sievers. Partner Humana gibt sich optimistisch: "Ich bin sicher, dass wir die gesteckten Ziele erreichen", sagte Albert Große Frie, geschäftsführender Vorstand von Humana. "Aber eine Fusion ist frühestens 2008 möglich." Die Zustimmung der rund 6000 Humana-Milchbauern gilt als sicher.
Spekulation über Partnerschaften oder Alleingänge
Wegen der zögerlichen Haltung von MUH zieht sich die Phase von Übernahmen und Fusionen in der Molkereibranche in die Länge. Das führt zu Unruhe bei den Milchbauern. "Die Messe ist noch lange nicht zu Ende gelesen", sagte ein Insider. Über neue Partnerschaften oder Alleingänge wird in der Branche bereits spekuliert. Vor zwei Jahren war eine Fusion von Humana und Branchenprimus Nordmilch (Milram, Oldenburger) angekündigt; sie scheiterte. Entscheidend sei damals die Absage von Humana-Chef Große Frie gewesen, sagen Branchenkenner. Der Finanzexperte habe nach der Prüfung der Bücher die Notbremse gezogen.
Außerdem gab es Diskussionen über einen Zusammenschluss von MUH und Hochwald zur sogenannten Rheinland-Pfalz Molkerei. "Das hätte uns dem Ziel nicht näher gebracht, unser Produktangebot breiter zu gestalten", begründete Sievers die Absage. MUH gilt als H-Milch-Spezialist, schneidet aber schlecht ab in Warengruppen wie Käse oder Desserts. "Eine Fusion mit Humana würde unser Angebot erweitern", sagte er.
Der angekündigte Zusammenschluss bringt Sievers allerdings erst recht in eine Zwickmühle, denn MUH droht Mitgliederschwund. Wechselwillige Landwirte von MUH hätten bereits bei Hochwald angeklopft, sagte Hans-Jürgen Sehn, Vorsitzender des Hochwald-Aufsichtsrats, kürzlich dem Fachblatt "Lebensmittelzeitung".
Die Milchbranche steht zurzeit unter Druck. Der EU-Milchmarkt wird liberalisiert, die Preise sinken, der Wettbewerb zwischen den Molkereien nimmt zu. Das treibt die Anbieter zur Zusammenarbeit. "Die Herausforderungen lassen sich gemeinsam besser meistern", begründete Humana-Chef Große Frie seinen Fusionswillen.
Bis dahin fordert MUH noch Zugeständnisse. "Wir werden Standorte schließen, unsere Eigenkapitalquote von 27 auf rund 35 Prozent erhöhen und uns dem Milchpreis von MUH annähern", kündigte Große Frie an. Bis Ende Januar werde ein Restrukturierungsplan für Humana erarbeitet.
In der Vergangenheit haben Branchengrößen wie Humana, Nordmilch oder Müller bereits kräftig zugekauft. Zudem drängen große ausländische Rivalen nach Deutschland - etwa Campina aus den Niederlanden mit einem Jahresumsatz von 3,57 Mrd. Euro. Europäischer Marktführer ist Arla (Buko) aus Dänemark mit 6,2 Mrd. Euro Umsatz.