Zur Fronarbeit in der sibirischen Taiga verdammt
Gerd Thomas erzählt die Schicksalsjahre von Josef Pfeffer aus Großentaft in Sibirien
Josef Pfeffer
Im Januar 1944 wurde Josef Pfeffer1, gebürtig aus Großentaft, im Alter von 15 Jahren zur Wehrertüchtigung ins Lager Trutzhain bei Ziegenhain eingezogen. Hier erfuhr er eine vierwöchige vormilitärische Ausbildung. Im gleichen Jahr wurde er zusammen mit 18 Schulkameraden in Fulda zur Musterung bestellt.
Ende Februar 1944 war J.P. wieder zu Hause. Im Juli dieses Jahres wurde er zum R.A.D. nach Mittelaschenbach einberufen. Hier dauerte die weitere Ausbildung bis November 1944.
Danach war er wieder zu Hause und erwarb mit einer Sondergenehmigung im Alter von 17 Jahren den Führerschein der Klasse 3. Dieses Papier begleitete ihn durch alle Situationen des Krieges und der Gefangenschaft bis zu seiner Rückkehr nach Warschau 1949. Da darin vermerkt war, dass die Fahrerlaub-nis für Verbrennungsmotoren galt, schöpften die Russen Verdacht, Besitzer solcher Dokumente könnten an Verbrennungen in Konzentrationslagern beteiligt gewesen sein. Weil schon einige Gefangene, die auch solche Papiere besaßen, wieder in Lager gesteckt wurden, zerriss Josef Pfeffer hier dieses Dokument.
Der Stellungsbefehl zur Wehrmacht lautete auf den 5. Februar 1945. Er hatte sich in Rotenburg/Fulda einzufinden. Dort angekommen, ging es schon am nächsten Tag mit der Bahn weiter nach Frankfurt/Oder. Die russische Front war aber schon bei Cottbus. Von Cottbus-Lübbenau kam er nach Berlin-Jamlitz. Hier war ein gro-ßer Truppenübungsplatz. Sofort ging es weiter in Richtung Prag. Dort wurde er in eine große Kaserne außerhalb im Scharkatal gebracht. Josef Pfeffer war immer noch Zivilist mit einem Stellungsbefehl der Wehrmacht unterwegs. Er wusste nicht, bei welcher Einheit er landen würde.
Die militärische Grundausbildung erfolgte hier bei der Division „Groß Deutschland“. Schnell wurde er „MG Schütze 1“ bei der WaffenSS. Danach erfolgte prompt die Verlegung an die russische Front nach St. Pölten in Österreich. Die Eindrücke des jungen Soldaten waren erschütternd. Es ging alles drunter und drüber. Junge und ältere Soldaten, die einer SS-Bewährungskompanie angehörten, wurden bei der Verteidigung einer Anhöhe restlos aufgerieben. Später – es war der 8. Mai 1945 – setzten sie über die verminte Donaubrücke über und sprengten sie. Die Amerikaner standen zu diesem Zeitpunkt bei Linz. Etwa 20 000 deutsche Soldaten bewegten sich fahrend oder zu Fuß in Richtung Linz. Niemand wollte in russische Gefangenschaft geraten.
An die Russen ausgeliefert
Vor Linz standen die Amerikaner und J.P. ging dort am 12. Mai 1945 in Gefangenschaft. Die US- Solda-ten führten die 30 000 Gefangenen nach Pregarten. Dabei waren sie von 30 Panzern umgeben. Wer flüchtete wurde erschossen. In Pregarten wurden alle an die Russen übergeben. Der Marsch ging weiter nach Zwettel. Es war ein wilder Haufen. Die Bewachung war sehr scharf. Dieser Marsch endete zunächst im ehemaligen Lager für französische Kriegsgefangene in Döllersheim-Edelbach.
Nach einem Abkommen der Sieger wurden all jene, die gegen die Russen gekämpft hatten, auch an diese ausgeliefert.
Die Behandlung in den 3 Monaten war sehr schlecht. Morgens gab es wenig Brot und sonst nur Was-sersuppe mit Kraut oder Erbsen. Die Erbsen waren aber alle von Schädlingen befallen, und so mussten nach dem Kochen erst einmal die vielen Larven abgeschöpft werden.
Bis zum August 1945 hatten hier alle Hunger leiden müssen. Die Langeweile vertrieb man sich mit Brettspielen. Kontakte nach außen gab es nicht. Im Lager beten Männer von 17 bis über 50 Jahren. Viele der Älteren starben schon hier.
Anfang August 1945 wurde J.P. mit 3000 anderen Gefangenen in alten Bahnwaggons nach Slatina in der Tschechei transportiert. Die Fahrt über die annähernd 500 km weite Strecke dauerte 8 Tage.
Im Lager, in dem schon ungefähr 20 000 Gefangenen eingesperrt waren, erkrankte J.P. an einer An-gina so scher, dass er mit seinem Tode rechnete. Im September 1945 ging es weiter ostwärts. Das neue Lager mit ca. 30.000 Gefangenen hieß Szeged und lag in der Nähe der ungarisch-rumänischen-ukrainischen Grenze.
Beim Suppenfassen traf er hier den Täfter Theodor Höll. Mit ihm konnte er über den Zaun ein paar Worte wechseln.
Anfang Oktober setzte sich der Transport fort. Mit der Eisenbahn waren 2800 Kameraden in 28 Wag-gons unterwegs in Richtung Sibirien. Die Fahrt ging von Szeged über Kiew, Charkow, Stalingrad, Oren-burg, Cel`labinsk, Swerdlowsk (Ekaterinburg), Berezewa nach Soswa in der nördlichsten Taiga hinter dem Uralgebirge.
Soswa liegt 59°10“01.83`nördlicher Breite und 61°50“32.04`östlicher Länge, nahe am Polarkreis, am Übergang der Taiga in die Tundra.
Die Fahrt dorthin hatte 33 Tage und Nächte gedauert. Morgens hielt der Zug. Während die Toten aus den Waggons geladen wurden, erhielten die Überlebenden ihre Tagesverpflegung, etwas Brot und Sup-pe aus Fischgräten und Krautblättern. In den letzten Tagen der Fahrt gab es gar nichts mehr und so versuchten die Gefangenen mit Büchsen, die an einem Seil hingen, aus dem fahrenden Zug Schnee aufzusammeln. Dabei war es in den Waggons eisig kalt und man konnte sich ohne Decken nur gegen-seitig wärmen. Hunger, Durst und die Angst vor der Zukunft hatte alle befallen. Bei der Fahrt durch den Ural wurde den Gefangenen mitgeteilt, dass es nun nach Sibirien geht. Bis Soswa waren bereits 200 Gefangene gestorben.
Lager in Sibirien
Bei der Ankunft in Soswa war auch J.P. so geschwächt, dass er, als die Waggons geöffnet wurden, kaum noch gehen konnte. Die 2600 Überlebenden wurden nun drei Tage in Soswa mit Brot und Suppe ein wenig aufgepäppelt. Danach erfolgte die Aufteilung in die Außenlager im Wald. In tiefem Schnee marschierte J.P. mit 300 Mitgefangenen ins ungefähr 60 km entfernte Lager Kalibowka. Das Lager Kali-bowka – ein ehemaliges russisches Lager für Gulaggefangene - bestand aus vier
großen Baracken. Sie waren aus Lehm gebaut. Die Anlage war umzäunt und konnte von vier Wachtür-men aus beobachtet werden. Alle Gefangen wurden nummeriert und in Brigaden aus je 40 Gefangenen bestehend - gebildet. Der Brigadier hatte Kontakt zu den russischen Soldaten, dieselbst auch Strafver-setzte waren.
Der Lagerkommandant hatte eigentlich nichts zu bewachen. Niemand konnte von hier fliehen. Es gab keine Einheimischen und auch kein Wild. In diesem Urwald wuchsen nur Kiefern und Birken. Dabei wurden die Kiefernstämme mit einem Durchmesser von 60 cm im Kahlschlag abgetrieben. Nur das schwächere Holz blieb stehen.
Alle mussten täglich an 365 Tagen im Jahr bei schneidendem Frost von nicht selten -30°C mit Schrot-säge, Axt und Keilen ausrücken und arbeiten. Das Arbeitssoll für zwei Gefangene lag bei 16 Festmetern pro Tag. 8 bis 10 Meter der Stämme wurden verwertet, der Rest wurde an Ort und Stelle verbrannt. Wenn morgens die Feuer brannten, ließ sich die Kälte besser ertragen.
Auf einem Schlittenbock zogen kleine Pferde die Stämme zum Rückeplatz. Hier wurden sie von den Gefangenen auf LKW mit Schlittenanhängern verladen und zur Feldbahn gefahren. Wegen unterschied-licher Spurbreiten der Bahnen waren die großen Pullmannwaggons auf einem Untergestell montiert. Die Gefangenen luden die Stämme hier wieder von den LKWs auf die Pullmänner um. Weihnachten 1945 ging dann der erste große Holztransportzug von Soswa ab.
Den Gefangenen war der Weihnachtstag bekannt. Unvorstellbar trostlos war dieser erste Heilige Abend dort im Lager Keiner hätte sich vorstellen können, dass dem noch zwei weitere folgen würden. Aus den Achsen eines Waggons hatte J.P. Öl entnommen, um ein Weihnachtslicht zu haben.
Die Baracken waren nicht nur ohne Licht, sondern auch ohne Wasser und Toiletten. Essen - Suppe und Brot- wurde an einer Küchenbaracke durch den Brigadier und ein Kommando empfangen. Mit einer selbst gebauten Balkenwaage wurde das wenige Brot annähernd gerecht aufgeteilt. Blieb etwas übrig, wurde es verlost. Das Brot war ein Kastenbrot und stets feucht. Als Getränk gab es Tannennadeltee und Birkensaft, welcher auch bei Frost gesammelt werden konnte. Immerhin spendete eine Birke in einer halben Stunde ungefähr einen halben Liter Saft.
Der immer wiederkehrende Tagesablauf im Waldlager Kalibowka sah so aus: Noch bei Dunkelheit war Antreten und Zählappell. Anschließend gab es Kraut-Fischsuppe und Brot. Danach war Abmarsch in drei Gruppen zum 3 km entfernten Holzeinschlag. Der Schnee war morgens oft sehr hoch. Zu zweit oder dritt begann nun der Holzeinschlag mit den primitiven Werkzeugen. Wenn ein Baum gefallen war, musste er aus dem Schnee ausgebuddelt werden, um dann zerkleinert zu werden. Jeder Gefangene hatte – wie bereits gesagt - ein Tagessoll von 8 Festmetern zu erbringen, was mit den Werkzeugen und der miserablen Verpflegung immer schwieriger wurde. Mittags wurde aus geschmolzenem Schnee eine Krautsuppe ohne jegliche Zutaten auf den lodernden Feuern gekocht. Hunger war der ständige Begleiter.
Der Arbeitstag dauerte 8 Stunden. Auf dem Rückmarsch nahm jeder ein Stück Holz für die Baracke mit. Hier wurde auch nachts das Feuer in einem Kanonenofen gehalten. Bei der Rückkehr war es stets auch dunkel.
Wieder gab es nur Suppe, Brot und Tee.
Gewaschen haben sich die Gefangenen in einer separaten Baracke. Hier wurden drei Mann ein Eimer Wasser zugeteilt. Das musste reichen. Die Kleidung der Gefangenen bestand aus abgetragenen russi-schen Armeeklamotten und Filzstiefel, so genannte Patinkas. Die Schlafplätze bestanden aus Holzprit-schen ohne Decken und Unterlagen. Es gab keinerlei Maschinen.
Im Lager Kalibowka war medizinische Betreuung völlig unbekannt. Jeder, der ernsthaft krank wurde, musste sterben. Die Toten wurden morgens vor die Baracke gelegt und dann in ein im Sommer gegra-benes Loch geworfen. Im nächsten Sommer wurde es mit Erde abgedeckt.
J.P. hatte sich einmal mehrere Finger der rechten Hand erfroren. Zur Genesung kam er für drei Wochen in ein Krankenlager nach Worobinow bei Soswa. Hier fand auch eine antifaschistische Umerziehung statt. Man musste die Internationale auswendig lernen und wurde bei erfolgreicher Teilnahme mit einer Plakette ausgezeichnet.
Ab Mitte 1947 wurde den Gefangenen erlaubt, zwei Postkarten im Jahr nach Hause zu schreiben. Eine Karte richtete J.P. an seinen Freund Heinrich Breitung. Von zu Hause bekam er dann auch eine Karte mit Foto von einem Jagdglück seines Vaters.
Keiner der Gefangenen wusste, was in der Welt geschah. Man lebte ohne Hoffnung in den Tag hinein. Nur das „Warten aufs Essen“ war wichtig. Heimlich hofften aber alle, bald nach Hause zu kommen.
Die Winter dauerten bis Mitte Juni. Der Übergang zum kurzen Sommer war plötzlich. Dann wurde es sehr heiß, und in dem sumpfigen Gelände tauchten plötzlich Mücken und Läuse als stete Plagegeister auf. Man schlief jetzt meistens draußen.
In den Waldlagern Kalibowka, Kaschei 1 und 2, Manisturka und Worobinow waren in den Jahren 1946/47/ 48 so viele Gefangene gestorben, dass im Herbst 1948 in allen Lagern von vormals 2600 Per-sonen noch 80 übrig geblieben waren.
Steinbrucharbeit und Straßenbau
Diese 80 Personen wurden nun nach Soswa getrieben und in einen Zug mit vier Waggons geladen. Im ersten Waggon waren die Bewacher, im zweiten und dritten die Gefangenen; der vierte diente der Ver-sorgung.
Die Russen sagten: „ Es geht nach Hause“. Nach 18 Tagen Fahrt traf der Transport in Podolsk südlich von Moskau ein.
Hier wurden die Gefangenen in einer großen Schreinerei drei Tage eingesperrt, um dann mit LKWs zum Straßenbau nach Plavsk transportiert zu werden. Südlich von Tula begann dann für J.P. der zweite Teil der Gefangenschaft in einem Steinbruch. Hier wurde aus blauem Kalkstein Schotter geklopft. Dabei verletzten sich sehr viele, besonders an den Augen, da es keinerlei Sicherheitsvorkehrungen gab. Die Arbeitsleistung forderte 1 Kubikmeter pro Tag. 2000 deutsche Gefangene arbeiteten im Steinbruch und an der Straße. Das Essen war hier auch nicht besser.
Nach einem halben Jahr ereignete sich im Steinbruch etwas, was die weitere Gefangenschaft für J.P. entscheidend verändern sollte.
Ein beladener LKW blockierte die Fahrbahn für die anderen Fahrzeuge. Der Fahrer, ein Russe, war im Moment nicht auffindbar und so schwang sich J.P. ins Führerhaus und fuhr den benzinbetriebenen Laster zur Seite. Dies beobachtete der Natschalnik. Nach Befragen wurde J.P. schon am nächsten Tage zum „Spezialisten“ dieses LKWs erklärt. Er wechselte sich in 12 Stundenschichten Tag und Nacht mit einem Russen auf dem klapprigen Gerät ab. Nachts gab es immer nur einen Scheinwerfer am LKW,
und am Morgen musste man die Glühlampe daraus in der Hosentasche mitnehmen, um abends wieder mit Licht fahren zu können. J.P. erhielt nun einen Ausweis, der es ihm erlaubte, mit dem LKW den Steinbruch Richtung Trasse zu verlassen.
Gefangene mussten dann an der Baustelle den Wagen von Hand entladen. Die Wechselschichten dau-erten immer 14 Tage. Es ergaben sich nun auch bei verbesserten Sprachkenntnissen Kontakte zu Rus-sen. Es gab Neuigkeiten!
Einträglich war es auch für Josef Pfeffer, wenn Russen auf der Ladefläche seines LKWs mitfahren woll-ten. Gegen eine Gebühr von 1 Rubel wurden sie mitgenommen.
Der Fortschritt an der Straße brachte ihn dann bis Juni nach Cern` und ab Juli nach Mce`nsk. Zwi-schenzeitlich fielen auch Holztransporte von Tula nach Plavsk an. Hier lohnte sich der Personentrans-port dann noch mehr. Manchmal konnte J.P. bei Russen übernachten und erfuhr auch nebenbei, wo diese ihre Kartoffelmiete hatten. Holztransporte waren auch deswegen lohnend, weil der Russe zwar die Anzahl der Stämme registrierte, nicht aber deren Länge. Hier und auch beim Benzin ließ sich schon mal etwas abzweigen. Dafür konnte er dann unterwegs Brot kaufen.
Transporte in die Heimat
Von Mce`nsk aus gingen im Herbst 1949 dann Transporte in die Heimat ab. Die Enttäuschung war je-doch groß, als er nicht beim ersten, zweiten, auch nicht beim dritten dabei war. Erst der vierte Trans-port brachte die Erlösung. J.P. empfing nun alte Klamotten der Roten Armee, eine Wattejacke und eine Hose.
Mit LKWs wurden die 300 Personen zum Bahnhof nach Mcensk gebracht. Im Lager waren zu diesem Zeitpunkt noch 1000 Gefangene. Man wurde, wie bei der Gefangennahme, in Waggons gepfercht. Die-se waren aber, anders als früher, diesmal nicht verschlossen. Die Behandlung war wie immer schlecht.
Die Fahrt führte von Mcensk über Brjanks, Homel, Mazyr, Pinsk, Brest nach Warschau. Dort wurden alle registriert und gefilzt. Hier blieb auch der Führerschein von Josef Pfeffer, den er aus Furcht vor Wieder-gefangennahme zerriss. Nach einem Tag Aufenthalt ging die Fahrt weiter nach Frankfurt/Oder.
Keiner wusste, was sich inzwischen in Deutschland genau ereignet hatte. Alle trugen aber die antifa-schistische Plakette, konnten die Internationale und hatten sich vom *Zensur* losgesagt.
Auch in Frankfurt/Oder wurden alle wieder von Russen in Empfang genommen und jeder musste seinen Entlassungsort angeben. Natürlich nannte J.P. „Großentaft“.
Nach drei Tagen ging es weiter nach Eisenach. Hier verbrachte er seine letzte Nacht bei den Russen in deren Kaserne.
Es gelang ihm telefonisch Verbindung nach Großentaft aufzunehmen, und dabei kündigte er seine An-kunft für den nächsten Tag in Bebra an. Von Eisenach ging ein Sonderzug nach Bebra.
Endlich war man dem russischen Einfluss entzogen.
Er wurde am Bahnhof schon von seinem Vater Josef und Onkel Richard Reifert erwartet und glücklich in Empfang genommen. Mit dem Auto ging es nun nach Hause. Heimkehrtag war der 18. November 1949.
Es gab hier natürlich, neben der großen Freude, auch erstmals wieder etwas Gutes zu essen. Am nächsten Tag musste J.P. in Bad Hersfeld im Entlassungslager Waldschenke seine Entlassungspapiere abholen.
Die Bundesrepublik Deutschland entschädigte die Gefangenen mit einem Entgelt von 1 DM für jeden Tag in Gefangenschaft. Gleichzeitig wurde den Soldaten für die Schinderei im Krieg und der Gefangen-schaft gerade einmal die Anwartschaft in der Rentenversicherung gezahlt.
J.P. war inzwischen 23 Jahre alt geworden und nach eigenem Bekunden hat er keinerlei psychische Schäden davongetragen. Physisch belasten ihn die erfrorenen Finger immer wieder.
Ironie des Schicksals ist, dass J.P. vier Wochen nach seiner Rückkehr aus russischer Gefangenschaft von den Amerikanern in Nürnberg zwei Tage lang über seine Erlebnisse in Russland befragt wurde, obwohl diese ja an seinem jahrelangen Aufenthalt in Sibirien nicht ganz unbeteiligt waren.
J.P. verdankt seine glückliche Rückkehr sicher seiner Jugend, seiner großartigen Gesundheit, die ihn auch heute noch auszeichnet, seiner Disziplin in der Gefangenschaft und dem Umstand, dass er harte Arbeit im Kalksteinbruch seiner Eltern gewöhnt war. (ungekürzter Originaltext des Verfassers)