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FFH Wiesen mulchen

Hier ist Platz für alles was mit Futterbau und Grünland zu tun hat.
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20 Beiträge • Seite 2 von 2 • 1, 2
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Re: FFH Wiesen mulchen

Beitragvon Manfred » Sa Sep 16, 2017 18:57

0lli hat geschrieben:Lieber Manfred,
dann belehre mich doch eines Besseren. Ich freue mich auf deine Sicht und Argumente. Du kannst dich gern an meinen Aussagen entlanghangeln und deine Meinung dazu schreiben.
Beste Grüße


Ich kann das Zwischenergebnis jahrelangen Lernens nicht in einen Forenbeitrag packen.
Aber evtl. ein paar Hinweise zum Erkenntnisprozess:

Als erstes gilt es zu verstehen, dass fast alle Grünlandpflanzen in Koevolution mit ziehenden Herden großer Pflanzenfresser und den diesen Herden folgenden Prädatoren entstanden sind, und wie dieses Dreigestirn aus Pflanzen, Pflanzenfressern und Prädatoren zusammengewirkt hat, bis wir Menschen dieses Gleichgewicht zerstört haben. (Der Herdenzug funktioniert heute nicht mal mehr in der Serengeti. Auch dort degradiert deshalb das Ökosystem...)
Der nächste Schritt ist zu verstehen, wie dieses fein austarierte System auf die 4 wesentlichsten Ökosystemprozesse (Wasserkreislauf, Nährstoffkreislauf, Energieumsetzung und Community
Dynamics (ein deutsches Wort scheint es dafür noch nicht zu geben, gemeint ist das Wechselspiel und die zeitliche Dynamik aller beteiligten Lebewesen) wirkt.

Etwas Literatur dazu (ich empfehle das Lesen in eben dieser Reihenfolge):
Allan Savory: Holistic Management - A New Framework for Decision Making
Jody Butterfield, Sam Bingham, Allan Savory: Holistic Management Handbook - Healthy Land, Healthy Profits
Allan Savory, Jody Butterfield: Holistic Management - A Commonsense Revolution to Restore the Environment
Jim Howell: For the Love of Land
André Voison: Grass Productivity
Chip Hines: How did we get it so wrong
Chip Hines: Time To Chance - Grazing- Genetics - Management
Peter Poschlod: Geschichte der Kulturlandschaft

Ist teilweise schwere Kost, aber danach sollte ein gewisses Verständnis vorhanden sein, wie natürliches Grünland funktioniert, und was unsere Vorfahren so alles angerichtet haben.
Ergänzend wäre es empfehlenswert, sich mal etwas ausführlicher mit dem zu beschäftigen, was in dem Boden unter diesem Grasland zu alles an Leben aktiv ist und wie dieses wechselwirkt und sich dafür in die Forschungsergebnisse von Elaine Ingham einzuarbeiten.
Es gibt dazu auch einige kurze, populärwissenschaftliche Büchlein von Jeff Lowenfels. Empfehlenswert sind z.B. Teamin with Microbes und Teaming with Fungi. Stark vereinfachend, aber evtl. gut als Einstieg zu gebrauchen für die, die sich damit noch nicht befasst haben.
Dabei wird einem Bewusst, dass weit über 90% der Artenvielfalt sich im Boden abspielen und Blümchen und Insektenzählen obenauf nur einen winzigen Ausschnitt der Gesamt-Artenvielfalt abbildet.
Bezüglich der Auswirkungen der Bewirtschaftung auf den Wasserhaushalt empfehle ich einige Videos von und mit Ray Archuleta vom USDA Natural Resources Conservation Service anzusehen. Der zeigt recht eindrucksvolle Versuche mir Regensimulatoren (Versickerungsvermögen, Erosion und Nährstoffauswaschung) und zur Löslichkeit getrockneter Bodenproben in Wasser.
Das LfU in Bayern hat auch so einen Simulator, setzt ihn aber leider sehr zurückhaltend ein. Meist auf Infoveranstaltungen für Kinder...

Danach sollte die Erkenntnis gereift sein, dass die Evolution stets dahin wirkt, dass ein funktionierendes Biotop die verfügbaren Ressourcen (Sonnenlicht, Nährstoffe, Wasser) mögl. effektiv nutzt und zu diesem Zweck versucht mögl. viel Nährstoffe und Wasser zu akkumulieren und in seinem internen Kreislauf zu halten.

Dann fehlt noch der Schritt zu verstehen, wie wichtig für das Gedeihen vieler Arten eine gewisse Dynamik des Biotops ist.
Savory und Howell schreiben zwar darüber, aber die meisten Leser scheinen es dort nicht zu verstehen.
Dick Richardson aus Australien hält gute Vorträge darüber. Evtl. fällt es auf der Schiene leichter. z.B.
https://www.youtube.com/watch?v=1d2UTVrUKHk

Wenn man das alles verarbeitet und verstanden hat, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass das, was mit FFH-Wiesen versucht wird, kein Naturschutz ist, sondern am ehesten Naturverhinderung und der auf Versagen programmierte Versuch eine Momentaufnahme einer menschengeschaffenen Kulturlandschaft festzuhalten oder wieder herzustellen.
Dass es der Biodiversität schadet. Dass es dem Wasserhaushalt schadet und das Hochwasserrisiko erhöht. Dass es klimaschädlich ist. Dazu kommen die negativen gesellschaftlichen Folgen.

Das Scheitern des Naturschutzes in Deutschland lässt sich ja schon alleine daran ablesen, dass inzwischen weit mehr als 50% der Land- und Forstwirtschaftlichen Flächen in irgendwelchen Schutzgebietskulissen liegen oder nach freiwilligen Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogrammen bewirtschaftet wird.
Und obwohl der "Naturschutz" damit bereits den Großteil der Fläche in der Hand hat, beklagt er trotzdem einen angeblich dramatischen Rückgang der Biodiversität.
Da könnte man auf den Gedanken kommen mal darüber nachzudenken, was man denn bisher falsch gemacht hat.

Die gute Nachricht ist: Es gibt weltweit eine Menge Leute, die das längst getan haben, die positive Gegenentwürfe geschaffen haben und weiterentwickeln und diese inzwischen auf mehreren Millionen ha Land praktisch umsetzen.
Sind halt fast alles Praktiker, die draußen arbeiten. Bis die Schreibtischtäter es verstehen und dann irgendwann auch anfangen umzudenken dauert es meist ein paar Generationen. Das ist zwar schade, weil dadurch viel Zeit und viele Mittel verloren gehen, aber es ist menschlich. Die Trägheit, mit der neues Wissen bestehende Organisationen durchdringt ist ja inzwischen inkl. der Gründe für diese Trägheit umfangreich wissenschaftlich untersucht. Das zu verstehen ist hilfreich für die Psyche der Pioniere, denen meist nicht einleuchten will, wieso es vielen so furchtbar schwer fällt, das zu verstehen was sie als Pioniere vormachen und noch schwerer, die eingefahrenen Praktiken und Dogmen entsprechend zu ändern.
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Re: FFH Wiesen mulchen

Beitragvon Dolly72 » Mo Sep 18, 2017 10:33

@ Manfred

danke für die ausführliche Antwort!

es liest sich etwas ideologisch.....magst natürlich durchaus recht haben!

Für mich zählt, was ich darf und für was sie mich am Ar... kriegen....
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Re: FFH Wiesen mulchen

Beitragvon JueLue » Mo Sep 18, 2017 10:50

Manfred hat geschrieben:
0lli hat geschrieben:...
Wenn man das alles verarbeitet und verstanden hat, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass das, was mit FFH-Wiesen versucht wird, kein Naturschutz ist, sondern am ehesten Naturverhinderung und der auf Versagen programmierte Versuch eine Momentaufnahme einer menschengeschaffenen Kulturlandschaft festzuhalten oder wieder herzustellen.....


Der letzte Teilsatz in obigen Zitat umreißt ein Problem dass mir immer wieder z.B. auch im Denkmalschutz begegnet.

Irgendeine Momentaufnahme im Zeitablauf der Jahrhunderte wird als erhaltenswert festgelegt und alles arbeitet darauf hin, diesen Zustand wieder herzustellen.

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Re: FFH Wiesen mulchen

Beitragvon Manfred » Di Sep 19, 2017 17:48

Dolly72 hat geschrieben:es liest sich etwas ideologisch.....magst natürlich durchaus recht haben!


Nein. Nicht ideologisch, sondern logisch.
Es geht ja gerade darum, vom ideologischen "Fachidiotentum", dass nicht nur die deutsche Naturschutzpolitik dominiert, wieder zu einem sachlichen und ganzheitlichen Ansatz zu kommen.

Wenn ich lesen muss, dass man beim Bund Naturschutz der Meinung ist, in Bayern gäbe es nur etwa 10.000 Arten, dann muss ich halt leider feststellen, dass dort die Artenvielfalt offenbar spätestens bei der Sichtbarkeit mit blosem Auge endet.
10.000 Arten sind nämlich in einer Hand voll gesundem Boden idR locker vorhanden.
D.h. der Großteil der Artenvielfalt und der Großteil der Biomasse einfach ignoriert.

Die Ausmagerung wurde zu Zeiten erfunden, als der synthetische Stickstoff billig war und die Bauern damit um sich geworfen haben, als gäbe es kein Morgen.
Seither ist sie zum Dogma geworden und kaum jemand denkt auch nur darüber nach, wie viel Ausmagerung einer Fläche denn überhaupt zu welchem Zweck sinnvoll wäre.
Dabei gibt es in der Natur keine nennenswerte Ausmagerung. Ist irgendwem ein in nennenswertem Umfang stattfindender natürlicher Prozess bekannt, wo größere Mengen Pflanzenmasse von einer Fläche geräumt und weiträumig verlagert werden? (Am ehesten noch Flächenbrände, die aber natürlich in viel geringerem Umfang vorkommen als sie heute von Menschen überall auf der Erde veranstaltet werden.)
Das Ausmagern ist eine relativ junge menschliche Erfindung. Sie ist eigentlich erst aufgekommen, als die Menschheit regional zu zahlreich wurde, um die Felder noch ausreichenden Erholungsphasen zu überlassen. Dann bekannt man Kot und Pflanzenmassen zusammenzusuchen und als Dünger auf die Felder zu bringen. Dadurch wurde die Ausmagerung des Grünlandes und der Wälder geboren. In D ist das erst wenige Generationen hier, trotzdem erinnert sich kaum jemand daran. Literaturempfehlung z.B. F.H. King: 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan

Auf den so misshandelten Flächen hat sich dann eine Artenhäufigkeits-Zusammensetzung eingestellt, die in dieser Weise auf natürlichem (oder naturnah bewirtschaftetem) Grünland nicht vorkommt. Die Pflanzenarten gab es schon vorher im Grünland, aber halt anders verteilt in ihren jeweiligen Nischen. Und die allermeisten davon wird es auch weiter geben, egal wie wir den Großteil unsers Grünlandes bewirtschaften. Ernsthaft gefährdet ist von den Grünlandpflanzen ja kaum eine. Die meisten davon sind in halb Europa oder noch viel großräumiger zu finden. Sie wurden halt als gefährdet eingestuft, weil ihre Individuenzahl durch die geänderte Bewirtschaftung zurückgegangen ist. Ernsthaft gefährdet sind allenfalls ganz wenige Grünland-Pflanzen, bei denen man dann natürlich genau hinsehen sollte, ob gezielte Erhaltungsmaßnahmen sinnvoll wären.

Die Frage ist halt, was man erreichen will und warum.
Wenn das Ziel eine mögl. hohe Biodiversität über alle Arten hinweg ist, dann lässt sich dieses Ziel viel effektiver erreichen, wenn man die Flächen gemäß natürlicher Abläufe bewirtschaftet.
Natürlich ändern sich dann die Pflanzenzusammensetzung und die Artenhäufigkeitsverteilung. Aber das Bodenleben wird deutlich intensiviert, die so wichtige Bodenoberfläche geschützt und es kommen Arten ins Spiel, die von der FFH-Mähwiese wegeschützt wurden. Wie viele Arten leben in einer Kuh, auf einer Kuh, von den Ausscheidungen einer Kuh, von den Pflanzensäften, die an den durch die Kuh erzeugen Bissstellen austreten, in den von den Weidetieren durch Verbiss dicht gehaltenden Hecken, von den Insekten, die die Kuh beim Weiden aufscheucht usw. usw?
Einfach nur eine Kuh auf die Fläche zu stellen, erhöht die Biodiversität dieser Fläche vermutlich um mehrere hundert oder sogar mehrere tausend Arten.

Und wenn man sich dann von der reinen Fixierung auf die Biodiversität löst und anfängt ein ganzheitlicheres Bild zu entwickeln und weitere Ansprüche hinzuzufügen, dann schneidet die FFH-Mähwiese immer schlechter ab.
Was ist mit dem Klimaschutz? Eine Ausmagerungsfläche holt viel weniger CO2 aus der Atmosphäre und speichert es im Boden als eine naturnah bewirtschaftete Fläche es tut. Im schlimmsten Fall setzt die Ausmagerung sogar weiteres CO2 frei, weil das Bodenleben reduziert wird. Auch die Oberflächentemperatur steigt durch die Mangelhafte Bodenbedeckung, was direkt zur Klimaerwärmung beiträgt.
Und woher soll die Nahrung kommen, die auf dieser Fläche nicht mehr produziert wird? Durch noch stärkere Intensivierung anderer Flächen? Durch Neukultivierung bisher nicht genutzter Flächen im Ausland?
Als "Fachidiot" kann man solche Fragen verdrängen. Aus ganzheitlicher Sicht sind sie alle (und noch viele mehr) untrennbar miteinander verbunden.

Deshalb: Rückkehr zur Sachlichkeit. Wirklich wissenschaftlich arbeiten, statt ideologische Resonanzboxen zu errichten. Ständiges Hinterfragen der eigenen Ziele und Ansichten und eine Entwicklung hin zu einem ganzheitlichen Ansatz, der alle Ansprüche an die Flächenbewirtschaftung gleichermaßen berücksichtigt.
Dann wird am Ende wirklich etwas Gutes erreicht, statt trotz guter Absicht weiterer Schaden angerichtet.
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Re: FFH Wiesen mulchen

Beitragvon Dolly72 » Mi Sep 20, 2017 7:44

...muss Dir Recht geben......nur wie bring ich das dem Amtsschimmel bei?
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