Agrarverwaltung. »Ich werde Pflöcke einrammen, die Sie noch in zehn Jahren spüren werden«. Das sagte einst Renate Künast in einer Sitzung mit Landhändlern. Sie hat es getan – weniger in Form von Gesetzen als vielmehr über Personal. Es war seitdem ein Modell für alle Agrarminister, gleich welcher Couleur. Seit dieser Zeit verliert der (immer noch vorhandene) Sachverstand in Ministerien und Behörden zunehmend an Gehör. Die Politik regiert durch, mithilfe von neuen, oft jungen Mitarbeitern. Die rekrutieren sich nämlich nicht selten aus den entsprechenden Kreisen und selbst wenn nicht, dann sind sie gezwungen, »mit den Wölfen zu heulen«. Nehmen wir einmal das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz – ein besonders krasses Beispiel. Da sollten binnen kürzester Zeit über 180 Leute eingestellt werden, die kontrollieren und beraten. Woher bekommt man in diesem Land binnen weniger Monate denn eine solche Zahl qualifizierter Kräfte? Am Ende fischt man von den Universitäten diejenigen weg, die so schnell nichts anderes finden. Und das sind vor allem junge Tierärztinnen. Nichts gegen akademisches Wissen. Aber können frisch gebackene Tierärztinnen oder Agraringenieure, die die Praxis noch nie gerochen haben, einem Geflügelhalter erzählen, wie er seine Hennen ohne Schnabelkürzen zu halten hat? Mit viel Glück hat der Kontrolleur zwei Module Geflügelhaltung zu je zwei Wochenstunden absolviert. Keine Frage: Auch junge Menschen brauchen ihre Chance, müssen Fehler machen dürfen. Aber verantwortungsvoll ist das nur, wenn auch genügend erfahrene Mitarbeiter da sind, die die jungen anlernen. Die fehlen aber. Außerdem müssen die jungen Leute zunehmend Ideologien durchsetzen, die sich an Klischees, nicht an Fakten orientieren. Etwa südhessische Veterinärbehörden, die Rinder mit Haustieren verwechseln und völlig überzogenen Witterungsschutz fordern. Praxisnahes Denken ist nicht gefragt, ja gilt als kompromittierend. Gesucht sind Mitarbeiter mit Kadavergehorsam, Handlanger, die auch gegen ihre eigene Überzeugung teilweise abstruse Regeln kontrollieren. Fachverstand, so hat man bisweilen den Eindruck, scheint ausdrücklich nicht erwünscht zu sein. Für die neuen Beamten von heute gilt: Eine eigene Meinung – und erst recht die Übernahme von Verantwortung – ist nicht gefragt. Wer aus der Reihe schert, wird kujoniert. Bald wird wohl zum Rapport ins Ministerium einbestellt, wer öffentlich eine fachliche Stellung vertritt, die dem Minister nicht passt. Das alles ist nicht nur im vielgescholtenen Niedersachsen oder Hessen so. Auch andere Länderbehörden haben diesen Weg eingeschlagen. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir künftig immer weniger fachlich, sondern vielmehr politisch administriert werden. Renate Künast hatte recht: Die Pflöcke, die jetzt eingeschlagen werden, zieht niemand mehr heraus.
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