„Dirk the Dax“--Leute, macht keine Schulden--Spätestens nach der Wahl wird uns eine Entlassungswelle biblischen Ausmaßes heimsuchen
[s]Von Dirk Müller[/s]
[red]Was für eine verrückte Zeit.[/red]
Wir diskutieren heute an den Börsen ernsthaft Themen, die noch vor zwei Jahren schallendes Gelächter und eventuell eine Zwangseinweisung in eine medizinische Sonderabteilung nach sich gezogen hätten.
Großbanken implodieren und werden verstaatlicht, Auftragseingänge brechen in ganzen Industriezweigen um bis zu 50 Prozent ein (vor drei Jahren hätten minus zwei Prozent schon für Katastrophenstimmung und einen dramatischen Kursverfall gesorgt). Und Land auf Land ab diskutieren die Menschen über eine mögliche Hyperinflation oder sogar eine bevorstehende Währungsreform so selbstverständlich, als ginge es dabei nicht um den Untergang ihrer Altersvorsorge, sondern um die aktuelle Badelatschenkollektion.
Man betrachtet die aktuelle Entwicklung mit einem wohligen Schaudern. Es ist ein wenig so, als komme man an einem schweren Verkehrsunfall vorbei, irgendwie betroffen, neugierig und vor allem froh, dass es einen nicht selbst betrifft.
Dirk Müller – das Gesicht des DaxDirk Müller – „Dirk the Dax“ – ist das Gesicht der Deutschen Börse...
... seit knapp zehn Jahren hat er seinen Arbeitsplatz direkt unter der Anzeigentafel...
Wie kommt es, dass die Menschen noch immer in offensichtlich ausgezeichneter Konsumlaune sind? Scheinbar in der Hoffnung, dass der Spuk in wenigen Monaten vorbei ist, noch bevor die Krise an die eigene Haustür klopft?
Viele tausend neue Arbeitslose haben in den letzten Wochen plötzlich und völlig unerwartet erfahren müssen, was es bedeutet, wenn die Krise tatsächlich von heute auf Morgen im eigenen Hausflur steht. Wenn das Kündigungsschreiben auf dem Küchentisch liegt und plötzlich die mehr oder weniger große Zahl auf der rechten Seite des Kontoauszuges ausbleibt, die den Kundenbetreuer bei der Bank immer wieder bei Laune gehalten hat. Die vielen kleineren Posten auf der linken Seite aber unerbittlich weiterticken.
Der Grund für die scheinbare Sorglosigkeit der Menschen beim Konsum ist in Wirklichkeit ein rabenschwarzer.
Normalerweise halten Menschen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ihr Geld beisammen und verzichten auf jede unnötige Ausgabe. Diesmal ist das anders. Die Menschen rechnen damit, dass ihr Geld in wenigen Monaten sowieso nichts mehr wert ist. Die einen argumentieren mit der kommenden Inflation, die anderen erwarten eine Währungsreform. Eins von beiden wird es vermutlich auch werden. Die Frage ist dabei nicht „Ob?“, sondern „Wann?“. Vielleicht in den nächsten Monaten, vielleicht aber auch erst in einigen Jahren.
Ich spreche zurzeit mit vielen Menschen, die mir sagen: „Ich brauch eh irgendwann eine neue Heizung, dann mach ich das lieber jetzt, bevor das Geld nächstes Jahr eh nix mehr wert ist!“
[red]Die Menschen haben in der Krise Angst vor dem, was nach der Krise kommt. [/red]
Das gab es noch nie und das ist der Grund, warum viele Menschen im Moment mehr konsumieren als sie es normalerweise tun würden. Auch ein neues Auto kann es sein, erst recht, wenn noch eine Abwrackprämie drauf kommt
[red]Überhaupt Abwrackprämie! Wieso zahlen eigentlich Millionen Steuerzahler, darunter auch Krankenschwestern und Kindergärtnerinnen mit Mini-Einkommen dafür, dass sich einige wenige (hierunter wieder viele Topverdiener) ein neues Auto kaufen können? Wieso soll ich eigentlich etwas funktionierendes, das mich von A nach B bringt zerstören, um etwas Neues zu kaufen, was mich wiederum von A nach B bringt? Dafür werden so viele Ressourcen und Energie verschwendet, dass das Wort „Umweltprämie“ ein blanker Hohn ist.[/red]
Das konnte mir bislang noch niemand sinnvoll erklären. Mein BMW ist elf Jahre alt und wird nicht abgewrackt. Basta!
Doch zurück zu unseren konsumfreudigen Bürgern. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie ihren Konsumrausch nicht auf Pump finanzieren, in der Hoffnung: „Bei einer Inflation werden ja auch meine Schulden weniger!“ Das kann zu einem bitterbösen Erwachen führen.
[red]Spätestens nach der Wahl wird uns eine Entlassungswelle biblischen Ausmaßes heimsuchen. Zurzeit werden 1,5 Millionen Menschen mit Kurzarbeit bei Laune gehalten. Sie haben dadurch die Illusion, sie hätten ja noch einen Arbeitsplatz und kurzfristig sogar noch eine Menge Freizeit. Bei dem schönen Wetter gar nicht schlecht und immerhin noch 80 Prozent in der Lohntüte. Da bleibt viel Freizeit zum Shoppen. [/red]
[red]Aber wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe...[/
Die Werbetrommler aus Politik und Wirtschaft sehen ja bekanntlich seit Monaten „Licht am Ende des Tunnels“. Dieser Vergleich erinnert mich immer erschreckend an die Berichte von Menschen mit Nahtod-Erlebnissen.
Daher bin ich mir nicht sicher, ob ich wirklich „Licht am Ende eines Tunnels“ sehen will. Was, wenn aus der Kurzarbeit eine Kündigung wird? Was, wenn das Einkommen plötzlich komplett weg bleibt? Die Bank will die Ratenzahlung dennoch sehen, sonst gehen die Lichter ganz schnell endgültig aus.
[green]GUTER RAT[/green]
Es bleibt also der dringende Rat: Keine Schulden machen, wenn nicht 100 Prozent sicher ist, dass Sie die Raten bezahlen können, egal was passiert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass am Ende des Tunnels Teufels Küche auf Sie wartet.
Selbst wenn Sie es sich leisten können, empfehle ich Ihnen dringend, der Versuchung zu widerstehen, den neuen Fernseher auf Pump zu kaufen. Ein Leben ohne Schulden ist auch ein großes Stück Freiheit. Geben Sie diese Freiheit nicht leichtfertig auf. Sonst sind Sie ruckzuck der Sklave Ihrer Bank und Ihres Chefs. Und verlassen Sie sich darauf, dass beide dies zu nutzen wissen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie das augenblickliche Traumwetter für Sinnvolleres als für düstere Gedanken über Geld zu nutzen wissen.
Herzlichst
Ihr
Dirk Müller
Mehr zu Dirk „the Dax“ Müller gibt es auf http://www.cashkurs.com.
http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2009/07/10/boersen-star-in-bild-de/dirk-mueller-stimmung-in-der-krise-leute-macht-keine-schulden.html