tiger12 hat geschrieben:
Kaninchen jagen, joa, das ist was anderes.

....die SCHMECKEN doch gar nicht

Ich glaube, ihr geht davon aus, dass Kinder und Jugendliche hirnmäßig genauso ausgestattet sind wie Erwachsene. Das stimmt nicht.

Bei Kindern ist das doch offensichtlich. Zensur im Bereich von Kindern ist Kinderschutz. Warum heißt dieses, vielen Eltern inzwischen so verhasste Gesetz, das Jugendlichen soviel verbietet, denn Kinder- bzw. Jugendschutzgesetz?
Kinder sind schützenswert. Man muss Kindern nicht alles zumuten! Man darf es auch gar nicht. Gewisse Schrecken gehen Kinder schlicht nichts an, sie sollen erst mal mit ihrer eigenen Welt zurechtkommen, weil diese Erfahrungen, die Erfolgserlebnisse im Schutzraum Kindheit bedeutend für das Erwachsenenleben sind (ich erwähne nur Leistungsbereitschaft, Frustrationstoleranz, Teamfähigkeit...). Erst, wenn sie im gewohnten Umgang Sicherheit gewonnen haben, wird ihnen mehr zugemutet, Schritt für Schritt. Und da möchte ich nicht, dass sie mit etwas konfrontiert werden, was ich selber nicht verstehe und wo mir selber die Sprache fehlt.

Vielleicht fehlt mir einfach die Erfahrung, die zehn Jahre, die zwischen 1968 und meinem Geburtsjahr liegen, um die Dinge so zu sehen, wie ihr sie seht. Ich weiß aber, dass der Umgang, so wie ich ihn mit meinen Schülern pflege, erfolgreich zu sein scheint. Ich habe es nicht nötig, mich bei meinen Schülern einzuschleimen, ich werde auch respektiert, wenn ich schlechte Noten, Verweise oder große Mengen an Hausaufgaben erteile. Das ist mir wichtig und daran messe ich, ob meine Art und Weise des Umgangs von den Schülern angenommen wird oder nicht. Vielleicht ist für euch noch wichtig zu wissen, dass ich nur bis Klasse 10 unterrichte, wir haben hier gegliedertes Schulsystem und ich unterrichte Sek I.

Dass man in Klasse 11, wenn die Pubertät beendet ist, eher analytisches und sachliches Denken vom Menschen erwarten kann, scheint mir klar. Aber ganz ehrlich? Von Klassenstufe 7-9 sind Schüler nicht zurechnungsfähig, da möchte ich denen weder logisches Denken noch Sachlichkeit zutrauen. Das geht nicht. Die spinnen schlicht! Inwiefern man für Jugendliche irgendetwas verbieten sollt oder nicht möchte ich hier nicht tiefgreifend erörtern. Der Umbau des menschlichen Gehirns während der Pubertät ist so komplex, dass ich mir nicht in Ansätzen zutraue, das zu verstehen. Dazu kommen tiefgreifende körperliche und soziale Veränderungen, hormonelles Chaos und der erste Liebeskummer. Und da wollt ihr von denen noch erwarten, dass sie aufgrund tiefgründiger und hermeneutischer Überlegungen ihre eigene Meinung bilden? Find ich bisschen weltfremd, ganz ehrlich, begegnet mir in der Praxis bei etwa 5% meiner Schüler! Geht bitte nicht von euch selbst aus. Die Jugend heute ist anders, nicht schlechter, aber anders. Sie hat andere Probleme und andere Interessen. Und stundenlang über Adolf zu brüten und aus eigenem Antrieb eine eigene humane Meinung zum Thema zu gewinnen, gehört sicher bei weniger als einem Prozent der Jugendlichen zu bevorzugten Freizeitbeschäftigungen. Das war zu anderen Zeiten anders. Heute lehnt man sich nimmer gegen seine Eltern auf, indem man die Zeit des Nationalsozialismus verurteilt, heute stellt man sich aus Protest rechts.
Die Zeiten ändern sich, die Menschen auch.

Steppenwölfin hat geschrieben:Die Jugend heute ist anders, nicht schlechter, aber anders. Sie hat andere Probleme und andere Interessen. Und stundenlang über Adolf zu brüten und aus eigenem Antrieb eine eigene humane Meinung zum Thema zu gewinnen, gehört sicher bei weniger als einem Prozent der Jugendlichen zu bevorzugten Freizeitbeschäftigungen. Das war zu anderen Zeiten anders. Heute lehnt man sich nimmer gegen seine Eltern auf, indem man die Zeit des Nationalsozialismus verurteilt, heute stellt man sich aus Protest rechts.
Die Zeiten ändern sich, die Menschen auch.

Steppenwölfin, du magst da recht haben!
Mein Vater war immer ein etwas rechtslastiger Tyrann, nicht umsonst hat mich mit 13 das Tagebuch der Anne Frank sehr mitgenommen und mich anders geprägt...

Ich vergesse auch oft, daß die anderen nicht das erlebt haben wie ich
Ich habe 25 Jahre in West-Berlin gelebt und kenne auch die alte DDR.
Kürzlich habe ich 2 Dresdner Tramper-Jungs auf der Autobahn mitgenommen, die grad erst zur Wende geboren worden waren.
Da kam ich mir vor wie Omma Zopp die aus alten Kalten-Kriegszeiten erzählt...

Kaninchen hat geschrieben:

Steppenwölfin hat geschrieben:Die Jugend heute ist anders, nicht schlechter, aber anders. Sie hat andere Probleme und andere Interessen. Und stundenlang über Adolf zu brüten und aus eigenem Antrieb eine eigene humane Meinung zum Thema zu gewinnen, gehört sicher bei weniger als einem Prozent der Jugendlichen zu bevorzugten Freizeitbeschäftigungen. Das war zu anderen Zeiten anders. Heute lehnt man sich nimmer gegen seine Eltern auf, indem man die Zeit des Nationalsozialismus verurteilt, heute stellt man sich aus Protest rechts.
Die Zeiten ändern sich, die Menschen auch.

Ja, genau das ist oben gemeint,Die Generation, die aus Protest gegen die Eltern "gegen rechts" war, ist ja wohl in den allermeisten Gegenden Deutschlands seit 50 Jahren ausgestorben, das war vielleicht in den 60er Jahren mal so, spätestens seit dem Boom der Wehrsportgruppen in den 80ern ist das doch gegessen.
Aber "aus Protest" stellt "man" sich eben heute dank der modernen Informationsquellen nicht nur in die rechte oder linke Ecke, sondern genauso "gut" bezieht man inzwischen seine Distanz aus allen anderen extremen Lehren, egal ob das nun Sekten sind, Veganer, Virtuelle Realitäten, Ego-Shooter, Geldgier, extreme Tierschützer, es gibt doch in allen "Sparten" inzwischen dank der modernen Technik nicht mehr nur einzelne Spinner, sondern ganze Vereine, die nur darauf warten, sich solche Jugendlichen als potentielle Kunden wegzufangen.
Und die kannst Du nicht alle als Lehrer oder Elternteil verdammen, oder auch nur einzeln besprechen, das einzige, was Du tun kannst, ist aufzeigen, wie solche Leutefängerei funktioniert: da steht jemand, der sagt: "Tu Dies, Glaube das", denn das ist richtig, und wenn Du auf mich hörst, bist Du ein Guter, Reicher, Interessanter, und die Welt wird besser als sie ist. Je nach Geschmack halt auch "streng Dich an, dann bekommst Du eine Lehrstelle, Geld, Gold und ein glückliches Leben" - das ist inzwischen ganz genau so verlogen wie alles andere auch, nur traut es sich keiner in den Lehrplan zu schreiben, weil er dann genau das tun würde, was die Jugendlichen sowieso tun: gängige Lehren und sich selbst in Frage stellen. Und wer das verloren hat, der hat heute auch den Jugendlichen gegenüber verloren, der ist selber ein Leutefänger geworden genau wie alle anderen auch. Und DAS ödet inzwischen eben an, in der Schule genau so wie zu Hause.

Das hast du gut ausgedrückt, Brigitta !
Ich stimm zu!

Ich bin kein Freund von Sprichwörtern und Aphorismen, die meinen, in einem Satz die ganze Weisheit der Welt zu beschreiben.

Aber die Idee, die hinter dem "Kinder brauchen Wurzeln und Flügel" steht, ist schon ganz brauchbar.

Wurzeln sind für mich Beispiele von Erwachsenen, die nicht reden, sondern glaubwürdig leben. Die mit sich im Reinen sind, die als Vorbild gerade deswegen taugen, weil sie sich nicht ständig als Vorbild anpreisen. Wurzeln sind auch Erlebnisse aus der Kindheit, die dem Jugendlichen, denn um die gehts ja wohl, vermittelt haben, dass sie sich auf die Eltern verlassen können. Klar, wenn sie Mist gebaut haben, gibts Zoff, aber sie sind trotzdem willkommen daheim und haben einen "sicheren Hafen". Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen. So ungefähr mein ich das.

Flügel bringen sie mit auf die Welt und wenn man sie nicht schon im Kindesalter mit übertriebenen Ängsten oder durch Misshandlung etc. stutzt, dann sorgen Neugier und Offenheit dafür, dass sich Jugendliche auf ihren eigenen Weg machen. Auch hier glaube ich, dass die Wegweiser nicht aus Menschen bestehen, die vor allem über Reden Ratschläge erteilen wollen, sondern die, die glaubwürdig leben. Bei denen Jugendliche Ehrlichkeit spüren. Solche Erwachsenen brauchen nicht viel zu reden, weil sie von den Jugendlichen gefragt werden.

Ich bin mir sicher, dass tausend Reden nichts taugen, wenn junge Menschen merken, dass es sich nur um Worte handelt und nicht um selber gelebte Grundsätze.

Steppenwölfin hat geschrieben:

Ich bin mir sicher, dass tausend Reden nichts taugen, wenn junge Menschen merken, dass es sich nur um Worte handelt und nicht um selber gelebte Grundsätze.

ABSOLUT 1000 pkt.