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Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Hier kann man über aktuelle Themen aus den Medien und Allgemeines der Landwirtschaft diskutieren.
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92 Beiträge • Seite 6 von 7 • 1 ... 3, 4, 5, 6, 7
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » Sa Apr 01, 2023 17:18

Nehmen wir also die in der Literatur so häufigen Klagen über die Ernährung der armen Bauern, denen die Reichenangeblich »Wein, Weizen, Hafer, Rinder, Hammel und Kälber wegnehmen und nur trocken Brot lassen«, nicht allzu wörtlich : Wir haben Beweise für das Gegenteil.
In den Niederlanden war im 15. Jahrhundert »Fleischeine derart alltägliche Kost, daß eine Hungersnot die Nachfrage kaum sinken ließ« und der Fleischverbrauch in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stetig zunahm (z. B. im
Nonnenhospital von Lier) 27 .
In Deutschland befahl ein Erlaß der Herzöge von Sach-
sen 1482 : »Denen Werkleuten sollen zu ihrem Mittags- undAbendmahl nur 4 Essen : an einem Fleischtag eine Suppe, zwei Fleisch und ein Gemüse ; an einem Freitag und an-
dere Tage, da man nicht Fleisch isset, ein Essen, grüne oder dürre Fische, zwei Zugemüse ; so man fasten muß, fünf Es-
sen, eine Suppe, zweierlei Fisch, zwei Zugemüse. Dazu morgens und abends noch Brod«, außerdem Kofent (Dünnbier) vorgesetzt werden.
Eine Handwerkermahlzeit, die man schon fast als bürgerlich bezeichnen kann. Und wenn 1429 im elsässischen Oberhergheim der zur Fron herange-
zogene Bauer nicht mit den anderen auf dem Meierhof essen wollte, mußte ihm der Meier »zwei Stück Rindfleisch, zwei Stück Braten, ein Maß Wein und Brot für zwei Pfen-
nige schicken« 28 .
Zu diesem Thema verfügen wir noch über andere Zeugnisse. So bildet in Paris 1557 nach Aussage eines
ausländischen Beobachters »Schweinefleisch die gewohnte Nahrung der armen, der wirklich armen Leute, während
jeder Handwerker und Kaufmann, so kärglich sein Auskommen auch sein mag, an den Fleischtagen, genau wie
die Reichen, Zicklein oder Rebhuhn essen will« 29

Voraussetzung für diese Fleischberge ist eine regelmäßige Versorgung durch das Hinterland oder nahe Bergland (die Schweizer Kantone) bzw. durch die Ostgebiete –
Polen, Ungarn und die Balkanländer, die noch im 16. Jahrhundert halbwildes Schlachtvieh nach Westen, vor allem nach Deutschland und Norditalien, treiben. Auf dem größ-
ten deutschen Viehmarkt in Buttstädt bei Weimar wundert sich niemand, wenn »riesige Herden von 16 000 oder gar 20 000 Rindern« auf einmal aufgetrieben werden 3

Ganz unbestreitbar hat Europa also zwischen 1350 und1550 eine Periode individuellen Wohlstands erlebt. Nach den Pestkatastrophen waren die Arbeitskräfte rar geworden, die Arbeits- und Lebensbedingungen also zwangsläufig gut. Nie waren die Reallöhne so hoch wie damals. 1388 klagten die Domherren der Normandie, keinen für die
Feldbestellung finden zu können, »der nicht mehr fordert als sechs Knechte zu Beginn dieses Jahrhunderts« 33
ein Punkt, der Beachtung verdient, nehmen doch nach landläufiger Meinung Not und Elend zu, je weiter wir ins Mittelalter zurückgehen.
In Wirklichkeit aber gilt für den Lebensstandard des gemeinen Volkes, d. h. der Mehrheit der Menschen, genau das Gegenteil. Ein untrügliches Detail :
Vor 1520–1540 essen im noch dünn besiedelten Langue-doc die Bauern und Handwerker Weißbrot 34 . Je weiter wir uns jedoch vom »Herbst« des Mittelalters entfernen, desto spürbarer verschlechtert sich die Lage – ein Trend, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in bestimmten Gegen-den Osteuropas, v. a. auf dem Balkan, sogar bis ins 20. Jahr-
hundert anhält. usf....
Braudel Sozialgeschichte des 15-18Jh "Der Alltag"197ff
Nimm das Recht weg, was ist der Staat noch anderes als eine große Räuberbande. (Augustino von Hippo, 354 bis 430)
Unbedingter Gehorsam setzt bei den Gehorchenden Unkenntnis voraus.
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Südheidjer » Sa Apr 01, 2023 17:21

Rohana hat geschrieben:Wie kommst du an die Daten? Da bin ich ganz neidisch, hätte auch gerne Daten für den Hof hier aber das älteste was ich habe ist aus den 1930ern...

Es gab unter anderem mal einen Rassekundler, der alle Höfe des Kirchspiels geschichtlich aufgedröselt hat. Teilweise auch mit viel alten Textauszügen, was er so in offiziellen und kirchlichen Unterlagen finden konnte.
Inzwischen gibt es auch im Internet eine Ahnen-Datenbank, in der für meine Region eine guten Datenbasis vorhanden ist.
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Südheidjer » Sa Apr 01, 2023 17:37

Rohana hat geschrieben:Für den Überblick: https://de.wikipedia.org/wiki/Heidebauernwirtschaft und https://de.wikipedia.org/wiki/Heideimkerei

Reine Tierzahlen ohne jeglichen Kontext sind nicht allzu aufschlussreich. Wie viele Menschen musste der Hof ernähren?

Ich denke mal, es werden so um 20 Leute gewesen sein. Weichende (männliche) Erben verblieben öfters auf dem Hof und arbeiteten für den Hoferben, indem sie die Schnuckenherde betreuten oder den Betriebszweig der Imkerei übernahmen. Die hatten auch Frau und Kinder, arbeiteten aber eben als Knecht für den großen Bruder. Hier war es halt so, daß der älteste Sohn alles erbt und der Rest geht mehr oder weniger leer aus. Da konnte man froh sein, wenn man einen Job auf dem elterlichen Hof bekam.

Die Tierzahlen waren übrigens 1770 etwas geringer (ca. 2/3). Das könnte damit zusammenhängen, daß die Flächen immer mehr verödeten. Als die Flächen am Anfang des 19. Jahrhunderts ins Eigentum übergingen, forsteten meine Vorfahren viel auf. Das brachte um 1850 bei den ersten Durchforstungen viel Geld, was auch Neid bei anderen hervorrief, die damals sich nicht drum gekümmert hatten, möglichst viel der Heidefläche in ihre Eigentum überführt zu bekommen.
Im Internet gibt's eine interesante Karten-Applikation, in der man sich eine Karte von vor ca. 130 Jahren halbtransparent einblenden lassen kann. Sehr interessant, was damals alles noch Heide war oder Wiese/Acker und heute Wald....oder auch umgekehrt, heute Wiese und früher Wald. Und 130 Jahre ist ja nun nicht so lange her.
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Fassi » Sa Apr 01, 2023 17:42

Das Interssante war jetzt nicht die zitierte Textpassage, sondern die Zahlen 27,28, 29 und 33. Sprich die Quellen des Herrn Braudel für seine Literaturrecherche. Darum geht es die ganze Zeit.

Gruß
http://www.youtube.com/watch?v=AMpZ0TGjbWE

https://youtu.be/Tmq8KHPxdrE
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Rohana » Sa Apr 01, 2023 20:10

tyr hat geschrieben:
Nehmen wir also die in der Literatur so häufigen Klagen über die Ernährung der armen Bauern, denen die Reichenangeblich »Wein, Weizen, Hafer, Rinder, Hammel und Kälber wegnehmen und nur trocken Brot lassen«, nicht allzu wörtlich : Wir haben Beweise für das Gegenteil.
In den Niederlanden war im 15. Jahrhundert »Fleischeine derart alltägliche Kost, daß eine Hungersnot die Nachfrage kaum sinken ließ« und der Fleischverbrauch in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stetig zunahm (z. B. im
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In Deutschland befahl ein Erlaß der Herzöge von Sach-
sen 1482 : »Denen Werkleuten sollen zu ihrem Mittags- undAbendmahl nur 4 Essen : an einem Fleischtag eine Suppe, zwei Fleisch und ein Gemüse ; an einem Freitag und an-
dere Tage, da man nicht Fleisch isset, ein Essen, grüne oder dürre Fische, zwei Zugemüse ; so man fasten muß, fünf Es-
sen, eine Suppe, zweierlei Fisch, zwei Zugemüse. Dazu morgens und abends noch Brod«, außerdem Kofent (Dünnbier) vorgesetzt werden.
Eine Handwerkermahlzeit, die man schon fast als bürgerlich bezeichnen kann. Und wenn 1429 im elsässischen Oberhergheim der zur Fron herange-
zogene Bauer nicht mit den anderen auf dem Meierhof essen wollte, mußte ihm der Meier »zwei Stück Rindfleisch, zwei Stück Braten, ein Maß Wein und Brot für zwei Pfen-
nige schicken« 28 .
Zu diesem Thema verfügen wir noch über andere Zeugnisse. So bildet in Paris 1557 nach Aussage eines
ausländischen Beobachters »Schweinefleisch die gewohnte Nahrung der armen, der wirklich armen Leute, während
jeder Handwerker und Kaufmann, so kärglich sein Auskommen auch sein mag, an den Fleischtagen, genau wie
die Reichen, Zicklein oder Rebhuhn essen will« 29

Voraussetzung für diese Fleischberge ist eine regelmäßige Versorgung durch das Hinterland oder nahe Bergland (die Schweizer Kantone) bzw. durch die Ostgebiete –
Polen, Ungarn und die Balkanländer, die noch im 16. Jahrhundert halbwildes Schlachtvieh nach Westen, vor allem nach Deutschland und Norditalien, treiben. Auf dem größ-
ten deutschen Viehmarkt in Buttstädt bei Weimar wundert sich niemand, wenn »riesige Herden von 16 000 oder gar 20 000 Rindern« auf einmal aufgetrieben werden 3

Ganz unbestreitbar hat Europa also zwischen 1350 und1550 eine Periode individuellen Wohlstands erlebt. Nach den Pestkatastrophen waren die Arbeitskräfte rar geworden, die Arbeits- und Lebensbedingungen also zwangsläufig gut. Nie waren die Reallöhne so hoch wie damals. 1388 klagten die Domherren der Normandie, keinen für die
Feldbestellung finden zu können, »der nicht mehr fordert als sechs Knechte zu Beginn dieses Jahrhunderts« 33
ein Punkt, der Beachtung verdient, nehmen doch nach landläufiger Meinung Not und Elend zu, je weiter wir ins Mittelalter zurückgehen.
In Wirklichkeit aber gilt für den Lebensstandard des gemeinen Volkes, d. h. der Mehrheit der Menschen, genau das Gegenteil. Ein untrügliches Detail :
Vor 1520–1540 essen im noch dünn besiedelten Langue-doc die Bauern und Handwerker Weißbrot 34 . Je weiter wir uns jedoch vom »Herbst« des Mittelalters entfernen, desto spürbarer verschlechtert sich die Lage – ein Trend, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in bestimmten Gegen-den Osteuropas, v. a. auf dem Balkan, sogar bis ins 20. Jahr-
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Schön und gut. Nur, wo siehst du darin einen wie auch immer gearteten Hinweis darauf auf das was ich jetzt gefühlt drölf mal gefragt habe, wie und wann der Klerus aus Besorgnis über die Volksgesundheit den Fasten-Freitag eingeführt haben sollte? Nota bene: "Freitag und andere Tage, da man nicht Fleisch isset" - das war gar nicht so selten, dazu kommen noch die Fastenzeiten.

Der Fleischkonsum selbst interessiert mich nicht so sehr - zumal ich auch nicht von (freien) Bauern und Handwerkern ausgegangen bin die schlechteren(!) Zugang zu Fleisch hätten, sondern von den niederen Unfreien, Leibeigenen und Hörigen ohne Land und Besitz und grade in der Stadt den Habenichtsen und Tagelöhnern. Von denen wird hier nicht gesprochen.
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » Sa Apr 01, 2023 21:57

Fassi hat geschrieben:Das Interssante war jetzt nicht die zitierte Textpassage, sondern die Zahlen 27,28, 29 und 33. Sprich die Quellen des Herrn Braudel für seine Literaturrecherche. Darum geht es die ganze Zeit.

Gruß


Die stehen im Quellenachweis im Anhang und verweisen durchweg entweder auf entsprechende Originaldokumente, oder die entsprechenden Arbeiten anderer renommierter Forscher...
Hast Du eigendlich in Deinem Studium oder Lehre auch die Fachliteratur so skeptisch hinterfragt und jedesmal vom Dozenten oder lehrer die Beweisführung für jede Aussage gefordert... oder ist es nur hier, weil die Aussage nicht in Dein vorgefertigtes Weltbild passt? :roll:
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » Sa Apr 01, 2023 22:08

Rohana hat geschrieben:
tyr hat geschrieben:
Nehmen wir also die in der Literatur so häufigen Klagen über die Ernährung der armen Bauern, denen die Reichenangeblich »Wein, Weizen, Hafer, Rinder, Hammel und Kälber wegnehmen und nur trocken Brot lassen«, nicht allzu wörtlich : Wir haben Beweise für das Gegenteil.
In den Niederlanden war im 15. Jahrhundert »Fleischeine derart alltägliche Kost, daß eine Hungersnot die Nachfrage kaum sinken ließ« und der Fleischverbrauch in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stetig zunahm (z. B. im
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In Deutschland befahl ein Erlaß der Herzöge von Sach-
sen 1482 : »Denen Werkleuten sollen zu ihrem Mittags- undAbendmahl nur 4 Essen : an einem Fleischtag eine Suppe, zwei Fleisch und ein Gemüse ; an einem Freitag und an-
dere Tage, da man nicht Fleisch isset, ein Essen, grüne oder dürre Fische, zwei Zugemüse ; so man fasten muß, fünf Es-
sen, eine Suppe, zweierlei Fisch, zwei Zugemüse. Dazu morgens und abends noch Brod«, außerdem Kofent (Dünnbier) vorgesetzt werden.
Eine Handwerkermahlzeit, die man schon fast als bürgerlich bezeichnen kann. Und wenn 1429 im elsässischen Oberhergheim der zur Fron herange-
zogene Bauer nicht mit den anderen auf dem Meierhof essen wollte, mußte ihm der Meier »zwei Stück Rindfleisch, zwei Stück Braten, ein Maß Wein und Brot für zwei Pfen-
nige schicken« 28 .
Zu diesem Thema verfügen wir noch über andere Zeugnisse. So bildet in Paris 1557 nach Aussage eines
ausländischen Beobachters »Schweinefleisch die gewohnte Nahrung der armen, der wirklich armen Leute, während
jeder Handwerker und Kaufmann, so kärglich sein Auskommen auch sein mag, an den Fleischtagen, genau wie
die Reichen, Zicklein oder Rebhuhn essen will« 29

Voraussetzung für diese Fleischberge ist eine regelmäßige Versorgung durch das Hinterland oder nahe Bergland (die Schweizer Kantone) bzw. durch die Ostgebiete –
Polen, Ungarn und die Balkanländer, die noch im 16. Jahrhundert halbwildes Schlachtvieh nach Westen, vor allem nach Deutschland und Norditalien, treiben. Auf dem größ-
ten deutschen Viehmarkt in Buttstädt bei Weimar wundert sich niemand, wenn »riesige Herden von 16 000 oder gar 20 000 Rindern« auf einmal aufgetrieben werden 3

Ganz unbestreitbar hat Europa also zwischen 1350 und1550 eine Periode individuellen Wohlstands erlebt. Nach den Pestkatastrophen waren die Arbeitskräfte rar geworden, die Arbeits- und Lebensbedingungen also zwangsläufig gut. Nie waren die Reallöhne so hoch wie damals. 1388 klagten die Domherren der Normandie, keinen für die
Feldbestellung finden zu können, »der nicht mehr fordert als sechs Knechte zu Beginn dieses Jahrhunderts« 33
ein Punkt, der Beachtung verdient, nehmen doch nach landläufiger Meinung Not und Elend zu, je weiter wir ins Mittelalter zurückgehen.
In Wirklichkeit aber gilt für den Lebensstandard des gemeinen Volkes, d. h. der Mehrheit der Menschen, genau das Gegenteil. Ein untrügliches Detail :
Vor 1520–1540 essen im noch dünn besiedelten Langue-doc die Bauern und Handwerker Weißbrot 34 . Je weiter wir uns jedoch vom »Herbst« des Mittelalters entfernen, desto spürbarer verschlechtert sich die Lage – ein Trend, der bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, in bestimmten Gegen-den Osteuropas, v. a. auf dem Balkan, sogar bis ins 20. Jahr-
hundert anhält. usf....
Braudel Sozialgeschichte des 15-18Jh "Der Alltag"197ff


Schön und gut. Nur, wo siehst du darin einen wie auch immer gearteten Hinweis darauf auf das was ich jetzt gefühlt drölf mal gefragt habe, wie und wann der Klerus aus Besorgnis über die Volksgesundheit den Fasten-Freitag eingeführt haben sollte? Nota bene: "Freitag und andere Tage, da man nicht Fleisch isset" - das war gar nicht so selten, dazu kommen noch die Fastenzeiten.

Der Fleischkonsum selbst interessiert mich nicht so sehr - zumal ich auch nicht von (freien) Bauern und Handwerkern ausgegangen bin die schlechteren(!) Zugang zu Fleisch hätten, sondern von den niederen Unfreien, Leibeigenen und Hörigen ohne Land und Besitz und grade in der Stadt den Habenichtsen und Tagelöhnern. Von denen wird hier nicht gesprochen.


Leibeigenschaft in unserem geläufigen Sinne gab es erst in der Neuzeit des 17 bis 19Jh, so stammt allein der Begriff erst aus dem Ende des 17Jh.
Was tagelöhner usw, anbetrifft, steht, was die Verpflegung betrifft im Text...
Es gab nach tacitus im antiken germanischen Raum, und auch im Mittelalter der Postgermanischen Gesellschaften Mitteleuropas etwas ähnliches. Das Bezeichnete aber nur eine Abgaben- und/oder Dienstpflicht und war äußerst selten. Grund für so ein Abhängigkeitsverhältnis konnten finanzielle, oder sonstige Verschuldungen sein.
Das ist eines der Hauptverständigungsprobleme, auch bei populärwissenschaftlichen Dokumemtationen, wie z.B. TerraX auf dem ZDF... es wird gern und oft Neuzeit und Mittelalter zusammengerührt.... offensichtlich um eine ideologische Aussage zu tätigen. Das Mittelalter, speziell das Hochmittelalter war aber nicht die Zeit der Armut, Gewalt und rechtslosigkeit, das war die frühe Neuzeit. Das Mittelalalter, speziell das Hochmittelalter war eine hochdifferenzierte, hochaustarierte und komplexe Gesellschaft, deren Funktionsweise bis heute noch nicht im Einzelnen verstanden wird. Einfach weil sie sich zusehr von unserem verständnis einer komplexen gesellschaft unterscheidet...
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Rohana » So Apr 02, 2023 3:05

Warum ignorierst du meine ursprüngliche Frage seitdem ich sie gestellt habe? Doch kein Nachweis da? Und natürlich hinterfragt man im Studium. Das Zeitalter des unbesehenen Abschreibens ist vorbei.
Zustände der (bäuerlichen) Unfreiheit sind schon im frühen und Hochmittelalter etabliert, je nach Region früher bzw. stärker.
Leibeigenschaft in unserem geläufigen Sinne gab es erst in der Neuzeit des 17 bis 19Jh, so stammt allein der Begriff erst aus dem Ende des 17Jh.

Komisch dass es Nachweise über die Behandlung Leibeigener schon Jahrhunderte früher gibt.

Ich hab das Gefühl das sprengt hier allmählich den Rahmen, ausserdem werde ich es müde immer die gleiche Frage zu stellen. Also zum letzten Mal, wo siehst du beim Braudel einen wie auch immer gearteten Hinweis darauf wie und wann der Klerus aus Besorgnis über die Volksgesundheit den fleischfreien Freitag eingeführt haben sollte?
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » So Apr 02, 2023 7:49

Rohana hat geschrieben:Warum ignorierst du meine ursprüngliche Frage seitdem ich sie gestellt habe? Doch kein Nachweis da? Und natürlich hinterfragt man im Studium. Das Zeitalter des unbesehenen Abschreibens ist vorbei.
Zustände der (bäuerlichen) Unfreiheit sind schon im frühen und Hochmittelalter etabliert, je nach Region früher bzw. stärker.


Ich hab das Gefühl das sprengt hier allmählich den Rahmen, ausserdem werde ich es müde immer die gleiche Frage zu stellen. Also zum letzten Mal, wo siehst du beim Braudel einen wie auch immer gearteten Hinweis darauf wie und wann der Klerus aus Besorgnis über die Volksgesundheit den fleischfreien Freitag eingeführt haben sollte?


Deine Arroganz ist überwältigend^^ Wie ich schon vorher schrieb, und Du es offesichtlich überlesen hast, es gibt kein Einzelzitat oder ein einzelnes Dokument, jedenfalls ist mir nichts bekannt. Das ist die Interpretation aus den verschiedenen bekannten Statements und den Handlungen. Geschichtsforschung ist keine Mathematik, sondern mindestesn 60% Interpretation.
Es war keiner von den heute Lebenden dabei.. :roll:
Und was stört Dich konkret an der Anahme, der mittelalterliche Klerus könnte auch sich um die Volksgesundheit gekümmert haben, auch wenn er das vielleicht so nicht genannt hat?
Passt das nicht ins Weltbild von den Guten und den Bösen? Gerade die Kirche, speziell die Reichskirche hat im Mittelalter sehr zur Stabilität des HRR beigetragen, udn somit zu dem allgemeinen damaligen Massenwohlstand im Verhältnis zur frühen Neuzeit udn ihrer unglaublichen Armut und Rechtlosigkeit.
ist Dir mal aufgefallen, das in den meisten mitteleuropäische Märchen es immer nur ums Fressen und um gute Staatsführung (lieber Prinz, guter König, der gegen das Böse kämpft) geht? Diese sind fast ausnahmslos in der frühen Neuzeit, des 16-19Jh entstanden, udn sind ein Echo des Volksgedächtnisses, das es zeiten gab, als Hunger keine tägliche Größe war.
Dagegen sind Gelage in Mittelalterlichen Sagen und Mythen ein Randthema und dienen nur zur Staffage, siehe die alteste deutsche Sage des Mittelalaters, das Niebelungenlied, in dem sich die Beschreibung der großen feste vor allem Seitenweise dahingehend erschöpft, was die Damen an Kleidern trugen, nicht was und wie viel sie aßen. Dort geht es um Ruhm, die Wiederherstellung der Ehre, um Treue, aber nicht Unterwürfigkeit, gegenüber seinem Lehnsherrn usw... ein völlig anderes Konzept gegenüber den Geschichten der Neuzeit. Und ich hab nicht nur den Braudel gelesen, sondern seit 30 Jahren viel Material über das Thema Historie im Allgemeinen und die wirtschaftlichen Zustände von der Antiken über das Mittelalters bis zur Neuzeit im Speziellen.

Friedrich List, der deutsche Nationalökonom, schrieb 1844 in seinem Werk "Beziehungen der Landwirtschaft zu Industrie und Handel,
Ich habe Reviere gesehen, wo ein Hering, an einem an der Zimmerdecke befestigten Faden mitten
über den Tisch hängend, unter den Kartoffelessern von Hand zu Hand herumging, um jeden zu befähigen,
durch Reiben an dem gemeinschaftlichen Tafelgut seiner Kartoffel Würze und Geschmack
zu verleihen. Man nannte das schon Wohlstand, denn in schweren Zeiten mußte man sich diesen
Hochgenuß, ja sogar den des Salzes versagen


Oder Alfred Henrichs, beschrieb noch in den 1920iger Jahren, in seinem Buch "Als Landwirt in Schlesien" Unterkünfte der Landarbeiter auf den großen Fürstengütern, bei dem sich vier Familien!! ein Zimmer teilten, udn das Zimmer sich mit Kreidestrichen auf dem Boden einteilten, damit jede Familie sein privates Stück dem Raum hat.

DAS ist die Neuzeit.

Was ist die Gegenthese, udn wie wird sie begründet?
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Rohana » So Apr 02, 2023 11:22

tyr hat geschrieben:Deine Arroganz ist überwältigend^^ Wie ich schon vorher schrieb, und Du es offesichtlich überlesen hast, es gibt kein Einzelzitat oder ein einzelnes Dokument, jedenfalls ist mir nichts bekannt. Das ist die Interpretation aus den verschiedenen bekannten Statements und den Handlungen. Geschichtsforschung ist keine Mathematik, sondern mindestesn 60% Interpretation.

Also doch, DU reimst dir da irgendwie, irgendwas zusammen und bezeichnest das als Tatsache, ohne Quellen zu nennen. Normalerweise gibt man schon an mit welcher Grundlage und mit welchem Gedankengang man zu seinen Schlussfolgerungen kommt. Wenn es arrogant ist, das einzufordern, dann bin ich gerne arrogant 8)

Und was stört Dich konkret an der Anahme, der mittelalterliche Klerus könnte auch sich um die Volksgesundheit gekümmert haben, auch wenn er das vielleicht so nicht genannt hat?

Es passt schlichtweg nicht dazu dass die fleischfreien Tage mWn schon länger und weitreichend etabliert waren, genau wie die Fastenzeiten.

Das Niebelungenlied mit Grimm's Märchen zu vergleichen kann man machen, muss man nicht... ich enthalte mich lieber jedes weiteren Kommentares. Perlen vor die Säue.
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » So Apr 02, 2023 12:12

Rohana hat geschrieben:
Es passt schlichtweg nicht dazu dass die fleischfreien Tage mWn schon länger und weitreichend etabliert waren, genau wie die Fastenzeiten.

Nach dem Untergang Roms wurde das Fasten im 11Jh erst wieder eingeführt, also im Hochmittelalter.

Das Niebelungenlied mit Grimm's Märchen zu vergleichen kann man machen, muss man nicht... ich enthalte mich lieber jedes weiteren Kommentares. Perlen vor die Säue.


Warum nicht? Was ist an der Niebelungssage prinzipell anders, als an einer späteren Volksssagen udnd Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm?
Außer daß das Niebelunglied von Beginn an aufgeschrieben wurde, während die Volksmärchen, bis zu den Grimms, mündlich weitergegeben wurden?
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Rohana » So Apr 02, 2023 13:51

tyr hat geschrieben:
Rohana hat geschrieben:
Es passt schlichtweg nicht dazu dass die fleischfreien Tage mWn schon länger und weitreichend etabliert waren, genau wie die Fastenzeiten.

Nach dem Untergang Roms wurde das Fasten im 11Jh erst wieder eingeführt, also im Hochmittelalter.

Gewöhne dir mal an, steile Thesen mit Quellen zu unterlegen... :gewitter:
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon tyr » So Apr 02, 2023 21:26

Als ob Du Deine Thesen irgendwie belegst, Du behauptest nur, das dieses und jenes nicht stimmen kann, weil "ich" Rohanna, der meinung bin, das es nicht stimmt...
Das Fasten als Buße in der weströmischen, also katholischen, Kirche geht auf Papst Urban II, der im 11Jh. regierte, zurück. Viele der Traditionen der römisch/kath. Kirche gehen maximal auf das Mittelalter zurück. Anders als in der oströmischen, der orthodoxen, Kirche, der Traditionen deutlich älter sind. Das kannst Du alles auch selbst schnell im I-net nachschlagen.
Ich hab Quellen geliefert, viel mehr ist innerhalb eines Forums nicht möglich...
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Rohana » Mo Apr 03, 2023 5:13

Auf der Synode von Benevent unter Papst Urban II wurden weitere Bestimmungen zur Fastenzeit festgelegt. Das heisst aber nicht dass es die vorher nicht gab - nach der Logik könnte man auch behaupten die Fastenzeit wäre erst 1966 eingeführt worden, weil da nach dem zweiten vatikanischen Konzil detaillierte Regeln neu festgelegt wurden...
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Re: Ramadan Unsere Nahrung wieder besser schätzen

Beitragvon Qtreiber » Mo Apr 03, 2023 6:43

Ich bin immer wieder erstaunt, wie leicht man im LT Seiten füllen kann. :shock:
Im übrigen bin ich der Meinung, dass ich hier ENDLICH gelöscht werden möchte.
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