Moin,

wie wirken sich verschiedene Faktoren (Rasse, Alter, Geschlecht, Fütterung, körperliche Aktivität, weitere...?) auf den Geschmack / die Qualität des Schweinefleisches aus?

Es gibt so ein paar überlieferte Sprüche, wie "Gerste macht festen Speck, Roggen macht den Speck weiß" oder auch, dass Eichmastjahre guten haltbaren Speck liefern würden, Buchmastjahre allerdings gelblichen weichen Speck liefern. Ein alter Nachbar hat als Schuljunge nachmittags Brennesselsamen sammeln müssen als Schweinefutter. Dies Schwein hat der Metzger immer für sich selbst behalten, statt es in den Verkauf zu geben, wegen angeblich bester Qualität des Fleisches.

Nun habe ich nicht vor, meine Schweine in den Wald zu treiben, darum geht es nicht.

Mein Anliegen ist nicht eine rationelle Schweinemast, sondern die Erzeugung optimaler Fleischqualität mit regional verfügbaren Futtermitteln und gesunden, freilandgeeigneten Tieren, für den eigenen Teller, mehr nicht.

Danke für Hinweise und Beiträge, Lou

Für das Futter guckst Du einfach "MUFA und PUFA-Werte", die gibt's für alle Futtermittel per Tabelle, und damit steuerst Du die Speckqualität, die Werte geben Dir Auskunft über die Zusammensetzung des Futterfettes (das nahezu 1:1 im Schwein landet). Bei Eicheln bitte aufpassen, die sind nur begrenzt einzusetzen (die "Schweine von früher" haben die auch nur einzeln im Wald aufgesucht!), Bucheckern dito, die sind giftig. Kartoffeleiweiß nicht vergessen, ist super! Grünfutter jeder Art ist für Speck überhaupt nicht zu gebrauchen (die Brennesseln haben die Leute früher gesucht, weil es kein Mineralfutter gab und weil relativ viel Stickstoff drin ist).

Die Fettmenge bekommst Du über die Rasse und deren Fleisch:Fett-Verhältnis hin, das ist genetisch bedingt (ein von Natur aus mageres Schwein "fett zu füttern" geht zwar auch, ist aber ein himmelweiter Unterschied)

Geschmack ist Ansichtssache, da ist sich der Verbraucher selber nicht einig und muß man ausprobieren. Ich für meinen Teil finde, das Bentheimer einen ganz eigenen und wirklich sehr guten Geschmack haben, danach kommt Sattelschwein, und dann kommt erstmal eine ganze Weile gar nichts. Dann kommen die ganzen Hybriden und Leistungsrassen, und Wollschwein schmeckt definitiv langweilig, egal was Du fütterst, da schmeckt nur der Speck. Wollschwein-Mixe gehen aber auch gut.

Körperliche Aktivität und Alter machen beide zunehmend dunkles, festes Fleisch (also nix mit dem "superzarten" Braten, an den einige Leute gewöhnt sind! Manchen muß man das vorher sagen, die erwarten bei einem 180-kg-Schwein aus Freilandhaltung irgendwelches Nobel-Restaurant-Butterzart-Fleisch, das kannst Du knicken, dafür hatte "Oma" einen Fleischklopfer)

Der Rest liegt an der Schlachtung, die macht einen Großteil der Qualität aus: streßfrei geschlachtet kannst Du nicht füttern, und umgekehrt. (Eine relativ streßfreie Schlachtung bekommst Du aber über die Haltung gut "trainiert": wenn die Schweine an Abwechslung gewöhnt sind, laufen die auch ganz freiwillig und neugierig in den Schlachtraum.)

SHierling hat geschrieben:
Der Rest liegt an der Schlachtung, die macht einen Großteil der Qualität aus: streßfrei geschlachtet kannst Du nicht füttern, und umgekehrt. (Eine relativ streßfreie Schlachtung bekommst Du aber über die Haltung gut "trainiert": wenn die Schweine an Abwechslung gewöhnt sind, laufen die auch ganz freiwillig und neugierig in den Schlachtraum.)

Im Idealfall "dürfen" sie sogar zu zweit oder dritt in den Schlachtraum und sehen auch nicht was nach dem Schlachten mit ihnen passiert. In kleineren Gruppen sind sie von einander abgelenkt und bevor sie merken was gleich passieren wird schlafen sie schon..

Vor allem bei unkastrierten Schweinen der Ebergeruch

Wegen der giftigen Bucheckern sterben diese Jahr die Wildschweine aus.
Ehrlich.ich habe diesen Winter schon jede Menge tote Wildschweine gesehen und die hatten alle nur gut zerkaute Bucheckern im Magen

Damhirsch hat geschrieben:Wegen der giftigen Bucheckern sterben diese Jahr die Wildschweine aus.

Waren die Bucheckern früher nicht giftig? Wieso sind die Wildschweine daran nicht früher gestorben?

Danke für die umfangreichen Infos.

Dass die Fettzusammensetzung des Futters sich im Speck wiederfindet wusste ich nicht.
Wenn das erst die Diätratgeber spitzkriegen, hat es sich vermutlich mit der dauernden Empfehlung ungesättigter Fettsäuren und Schweinespeck wird "das" MIttel gegen Cellulite und anderen Schwabbel. ...zurück zum eigentlichen Thema....

Der Nachbar von einst fütterte nicht Brennessellaub, sondern den Samen, kann man in Ökoläden auch als "Turbobooster" für den Menschen kaufen inzwischen. Ob man an die Wirkung glauben muss? Vielleicht wurde der Samen auch nur aus allgemeinem Mangel gesammelt, nicht, um High-End - Fleisch zu erzeugen......

Was die Rasse angeht, sind wir - wegen der guten Erfahrung und der guten Bezugsquelle - festgelegt, auf Durocs.
Nach meiner begrenzten Erfahrung mit Bentheimer, Husumer und halt "Stangenschwein" aus dem Laden das beste, was wir jemals hatten. Sicherlich auch wegen des intramuskulären Fettes. Man kann das Fleisch gegrillt ungewürzt mit Genuss essen. Stangenschwein gerät selbst mit "Aromahülle" aus Marinade und Gewürzen nicht lecker.
Aber derzeit sind Schwäbisch-Hällische wegen angeblichen Wohlgeschmacks gerade "in", zumindest werden bis zu 120 Euro / ferkel bezahlt.

Außerdem nehmen wir nur Börge, in der Annahme, so mit den Freilandschweinen nicht unnötig attraktiv auf die Wildschweine zu wirken.

Aber da sind noch so ein paar Sachen im Hinterkopf in Sachen Fütterung und Fleischqualität, die ich gern zusammentragen und zur Diskussion geben möchte, sind ja alles Hörensagen - oder Bücherlesen - Dinge:

Die "iberischen Schweine" werden in der Werbung immer im Zusammenhang mit ihrer Eichelmast beworben, als wäre diese ausschlaggebend für die Fleischqualität.
Ein Fleischerberufsschulbuch vermerkt, man müsse 6 Wochen vor der Schlachtung aufhören, Futter zu geben, das einen schlechten Geschmack im Fleisch verursacht - leider ohne diese Futterbestandteile zu nennen.
Zumindest für Wiederkäuer gibt ein Buch über Tierernährung an, durch einen bestimmten zeitlichen Abstand zwischen der Silagefütterung und der Melkzeit könne man den Silagegeschmack in der Milch vermeiden.
Jemand gab seinen Schweinen, unzulässigerweise vermutlich, Hundefutter, um ihnen tierisches Eiweiß zu liefern. Das soll sich im Fleischgeschmack sehr negativ ausgewirkt haben.


Das sind so Fundstücke zum Thema, Kommentare dazu interessieren mich sehr.

danke, Lou

Wenn das erst die Diätratgeber spitzkriegen, hat es sich vermutlich mit der dauernden Empfehlung ungesättigter Fettsäuren und Schweinespeck wird "das" MIttel gegen Cellulite und anderen Schwabbel. ...

Genau - darauf warte ich schon lange

Die "iberischen Schweine" werden in der Werbung immer im Zusammenhang mit ihrer Eichelmast beworben, als wäre diese ausschlaggebend für die Fleischqualität.

Das Thema hatten wir schon mal:
iberisches-schwein-t26579.html
Eichelmast auch:
eichelschweine-t30569.html#p333635
eichelvergiftung-t42707.html
Iiiirgendwo in den Tiefen dieses Forums war auch schon mal eine Arbeit verlinkt, in der speziell Eicheln auf ihre Eignung als Futtermittel für Schweine hin untersucht worden sind, aber ausgerechnet die kann ich grad nicht wiederfinden :/
/edit: doch: http://elib.tiho-hannover.de/dissertati ... _ws08.html

Ein Fleischerberufsschulbuch vermerkt, man müsse 6 Wochen vor der Schlachtung aufhören, Futter zu geben, das einen schlechten Geschmack im Fleisch verursacht - leider ohne diese Futterbestandteile zu nennen.

Ohne unserem Foreneigenen Schlachtermeister vorgreifen zu wollen: das bezieht sich in den allermeisten Fällen auf die Futtermittel mit entsprechenden Fettbestandteilen ("Fett" bezieht sich dabei auf alles, was sich bei der Weender Analyse als sogenanntes "Rohfett" in (Diethyl)Ether(glaubich) lösen läßt: gilt also zB auch für die Wachse aus Grünfutter etc). Eiweiß wird im Darm in seine Bestandteile zerlegt und dann im Tier wieder in "tiereigenes Eiweiß" zusammengebaut, das selbe gilt für Kohlenhydrate: beide Nährstoffe können also keinen "Geschmack übertragen". Fett im Schwein wird in ca 4-6 Wochen "komplett ausgetauscht", deswegen der Abstand zur Schlachtung.

Zumindest für Wiederkäuer gibt ein Buch über Tierernährung an, durch einen bestimmten zeitlichen Abstand zwischen der Silagefütterung und der Melkzeit könne man den Silagegeschmack in der Milch vermeiden.

Kannst Du einfach wieder vergessen: Wiederkäuer haben eine völlig andere Verdauung. Der "andere Milchgeschmack" liegt aber ebenfalls überwiegend an den Fetten (va Buttersäure)

Jemand gab seinen Schweinen, unzulässigerweise vermutlich, Hundefutter, um ihnen tierisches Eiweiß zu liefern. Das soll sich im Fleischgeschmack sehr negativ ausgewirkt haben.

Ja, EXTREM UNZULÄSSIGERWEISE.

Na, meinen Schweinen scheint nicht allzuviel zu entgehen, wenn ich es nicht schaffe mehr als 1 oder 2 Eimer Eicheln aufzusammeln für sie.

Aber das Thema der "Geschmacksoptimierung" lässt mich nicht los, der nächste Schlachttermin steht an und dementsprechend werden viele Bücher zur Fleischverarbeitung gewälzt.

Daraus noch 2 Fundstückzitate für "besseren Geschmack"

- das Schwein soll sein Schlachtgewicht möglichst langsam erreichen. Warum?

- in den letzten 2 Wochen vor der Schlachtung soll eiweißreduziert gefüttert werden - auch zur Geschmacksverbesserung. Was mag da evtl dran sein?

danke für eure Beiträge, Lou

- das Schwein soll sein Schlachtgewicht möglichst langsam erreichen.

UHRGS - damit geht's dann aber schon heftig in den Bereich Tierquälerei ... woher hast Du das denn?

(nur mal als Gedankenschubs: wenn Dein Kind langsamer wachsen würde als seine Klassenkameraden ... was würdest Du tun?)

Damhirsch hat geschrieben:Wegen der giftigen Bucheckern sterben diese Jahr die Wildschweine aus.
Ehrlich.ich habe diesen Winter schon jede Menge tote Wildschweine gesehen und die hatten alle nur gut zerkaute Bucheckern im Magen

In Eicheln und Bucheckern ist Blausäure enthalten. Um diese zu neutralisieren müssen die Schweine tierisches Eiweiss fressen, was für Wildschweine kein Problem ist. Bei Hausschweinen ist das wohl eher verboten

Hallo,
ich finde diese Experimente mit Bucheckern, Eicheln usw etwas befremdlich. Seit ich denken kann werden die Schweine bei uns am Hof mit Kartoffeln als Grundfutter, Magermilch, Gerste, Weizen gefüttert. Diese Komponenten in eine Ration packen und an den Bedarf anpassen. Unterlagen dazu findest du sicher im Netz.
Damit hab ich die besten Erfahrungen gemacht.
mfg
anderson

anderson hat geschrieben:Hallo,
ich finde diese Experimente mit Bucheckern, Eicheln usw etwas befremdlich. Seit ich denken kann werden die Schweine bei uns am Hof mit Kartoffeln als Grundfutter, Magermilch, Gerste, Weizen gefüttert. Diese Komponenten in eine Ration packen und an den Bedarf anpassen. Unterlagen dazu findest du sicher im Netz.
Damit hab ich die besten Erfahrungen gemacht.
mfg
anderson

Das gibt gute Schweine

- in den letzten 2 Wochen vor der Schlachtung soll eiweißreduziert gefüttert werden - auch zur Geschmacksverbesserung. Was mag da evtl dran sein?

Lupine: Du solltest Dich vielleicht mal von dem Gedanken verabschieden, Dir aus jeder Ecke alle möglichen Infos zusammenzusammeln, die Du selber nur im Tierversuch nachvollziehen kannst oder nicht, sondern statt dessen einfach mehr über Schweine lernen, dann kannst Du Dir die ganzen angesprochenen Vorgänge selber erklären. Fett hatten wir ja schon erklärt. Der gesamte Eiweiß-Stoffwechsel beruht (gaaanz grob erklärt) darauf, daß jedes Eiweiß, das im Futter ist, in Magen und Darm in seine Einzelteile zerlegt wird, und dann im Körper wieder zu tiereigenem Eiweiß zusammengesetzt wird. Dieses Zusammensetzen passiert grundsätzlich auf der Grundlage der DNA, denn die liefert im jeweiligen Tier die "Vorschrift" für die Proteinbiosynthese. Ist also völlig unabhängig vom Futter, und Mangel an Eiweiß hat auf die Zusammensetzung der Eiweiße (also das, was Du nachher als Fleisch in der Pfanne hast) keinen Einfluß.

Ich würde mal sagen die Ebermast

https://www.tiergesundheitundmehr.de/ebermast.pdfx

https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/betaeubungslose-ferkelkastration-aldi-rewe-penny-ausgerechnet-discounter-geben-den-vorreiter-fuer-neue-fleischqualitaet_id_6466846.html

Gibt es hierzu noch weitere Meinungen was den Geschmack beeinflussen könnte?