Ja und wie funktioniert dann jetzt der Schutz durch Biopatente? (Auch wenn du es bestimmt schon mal erklärt hast)
Was bringt es einem denn, wenn man sich das Verfahren patentieren lassen kann, aber keinenAnspruch auf Produkte hat?!
Aktuelle Zeit: Do Mai 02, 2024 8:52
SHierling hat geschrieben:Man hat einen schnelleren und größeren Zuchtfortschritt. Dazu müßtest Du jetzt wissen, wie und was das ist - ich versuchs mal mit sehr stark vereinfachten Beispielen:
Angenommen, Du und ich wollen Schweine züchten. Ich gucke dabei ins Genom, Du nicht. Dann mußt Du nach jeder Anpaarung Deiner Tiere warten, bis die Ferkel ausgewachsen sind, um deren Leistung (zB eben die Futterverwertung) zu kennen und beurteilen zu können. Erst danach (also wenn die ersten Ferkel Deiner Anpaarund gemästet, geprüft und geschlachtet sind!) kannst Du sagen: ok, war erfolgreich, diese Anpaarung macht gute Ferkel.
Ich kann aber aus einem Wurf Ferkel schon in den ersten Wochen diejenigen raussuchen, die die erwünschten Erbanlagen haben, den Rest kann ich selektieren, dann hab ich a) meine Schweine billiger (weil ich die nutzlosen Ferkel gar nicht erst aufziehen muß und gleich verkaufen kann) und b) schneller als Du - was bei einem linearen Zuchtfortschritt bedeutet: zum Zeitpunkt X sind meine Schweine immer besser als Deine, und ich kann mehr davon verkaufen als Du.
Oder nehmen wir an, wir beide züchten Erbsen. Wir fangen beide mit dem Acker und den Rosa Erbsen an. Du mußt warten, bis die Nachkommen der rosa Erbsen blühen, dann kannst Du die roten und weißen raussortieren (das nennt man btw bereinigen, ist eine ätzende Arbeit, zB beim Raps oder bei Kartoffeln, weil man da elend lange durch den Acker laufen muß). Wenn Du damit fertig bist, kannst Du von Deinen Rosa Erbsen Saat nehmen, damit Saat produzieren, und dann (also frühestens im dritten Jahr) das Saatgut verkaufen.
Ich kann vor der ersten Ernte die Jung-Pflanzen beproben, und diejenigen umpflügen, die das weiß- oder rot-gen tragen (brauche also gar nicht auf die Blüte zu warten), hab also mein Basis-Saatgut ein Jahr eher als Du und kann meine Sorte eher auf den Markt bringen. Außerdem hatte ich weniger Handarbeit und brauchte erheblich weniger Leute. Beeindruckender als bei Erbsen ist das zB beim Obst: selektiert man gleich nach Genom, muß man nicht erst warten, bis ein Baum ausgewachsen ist und Früchte trägt.
Wobei "Zuchtfortschritt" natürlich nicht nur Leistungen wie Futterverwertung, tägliche Zunahmen, Ertrag oder ähnliches ist, sondern zB auch nach Resistenzgenen gesucht wird, (anderenfalls mußt Du die Pflanzen erst anbauen, dann krank machen, und DANN kannst Du sehen, wer resistent ist).
davvy hat geschrieben: [Um nochmals die Grundlagen an einem Beispiel klar zu kriegen:
Die Firma „XY“ erfindet ein neuartiges Zuchtverfahren, bei dem die gezüchteten Tiere eine besonders gute Futterverwertung haben und in allen die Gensequenz „ABC“ vorkommt, auf die die bessere Futterverwertung zurückzuführen ist. Auf dieses Zuchtverfahren meldet die Firma „XY“ ein Patent an.
Wenn nun Züchter/Bauer „1“ mit diesem Zuchtverfahren nun Tiere züchtet muss er Lizenzgebühren an die Firma „XY“ zahlen. (Das ist ja auch alles gerechtfertigt!)
Wenn nun aber Bauer „2“ bereits Schweine hat und in denen sich auch die Gensequenz „ABC“ nachweisen lässt, er aber nicht nach dem patentierten Verfahren der Firma „XY“ gezüchtet hat, muss er dann auch unter Umständen Lienzgebühren zahlen, je nach dem wie man das Patent auslegt?!
Oder habe ich das jetzt wieder falsch aus einer unseriösen Quelle entnommen?
SHierling hat geschrieben:Zum letzten Mal: wie sollte denn Deiner Meinung nach eine Erfindung (eine neue Sorte ist ja letztlich nichts anderes als eine Erfindung) finanziert werden, wenn nicht über einen Schutz, entweder fürs Gerät oder (beim Warenzeichen) fürs Produkt?
forenkobold hat geschrieben:Reicht der Verkaufserlös aus den paar hiermit gezüchteten Tieren, um die Zuchtkosten zu decken? Sind die Landwirte bereit, zigtausende für einen Eber auszugeben, von dem sie garnicht wissen, wie lange er potent ist oder ob er nicht beim dritten Deckakt nen Herzinfarkt erleidet?
Wenn moderen Zuchtmethoden nicht finanzierbar sind, dann finden sie nicht statt. Punkt-Fertig!
Oder erhält die Züchterfirma die Möglichkeit, Lizenzen für auf dieser Basis weitergezüchteter Tiere zu erheben (Wohlgemerkt: LIZENZEN! Nicht "Patentgebühren"). Ich würde solche Lizenzen für gerechtfertigt anschauen.. zumindest für eine oder zwei Nachfolgegenerationen.
Das Dumme dabei ist aber tatsächlich, dass diese Gensequenzen auch auf natürliche Weise im Schwein vorhanden sein können. Und hier haben wir in der EU normalerweise eine klare Rechtsprechung (wie es in USA ist, weiß ich nicht.. vermute aber ähnlich): Der Beschuldiger (LIZENZVERGEBER) muß nachweisen, dass der BESCHULDIGTE (Bauer mit Schweinen, welche diese Gensequenz in sich tragen) bewußt auf der von der Züchterfirma geschaffemem Basis weitergezüchtet hat. Es gilt auch hier, das Schuld bewiesen werden muß und nicht, dass man Unschuld beweisen muß.
Bei heutiger Herdbuchzucht sind sowieso Elterntiere lückenlos nachweisbar..
Es gibt in der Tat bei der Patentschrift noch einige unklare Formulierungen, welche mit viel Fantasie den Züchterfirmen Hintertürchen öffen, die so nicht zu akzeptieren sind. Einem kleinen INFORMIERTEN Teil der tausenden von Demonstranten geht es um klarere Formulierungen und Blockade dieser Hintertürchen.. die überwiegende Mehrheit allerdings hat keine Ahnung, gegen was sie eigentlich demonstriert.
SHierling hat geschrieben:Also im Moment haben wir das "Horrorszenario", daß Konzerne wie Nestlé, Shell, VW oder Wal-Mart die Märkte der Welt rechtmässig kontrollieren.
Schlimmer wirds nicht werden.
SHierling hat geschrieben:Das finde ich auch nicht richtig, das liegt aber nicht an den Biopatenten, sondern am Wirtschaftssystem!
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