Ich denke es kommt nicht wirklich auf das Alter eines Menschen an, sondern auf die Situation. Wenn ein relativ junger Mensch aus welchen Gründen auch immer seinen Lebenswillen aufgibt, so kann der Tod für ihn eine Erlösung sein. Auf der anderen Seite kann ein älterer Mensch noch sehr viel vor haben und der Tod für ihn zu früh kommen. Schlimm ist es in jedem Fall, wenn ein geliebter Menschen gehen muss. Das Friedhöfe sich in der Auflösung befinden und immer öfter anonym bestattet wird liegt in Trend der Zeit. Oft ist Niemand mehr vor Ort der pflegen könnte oder schon der Sterbende verfügt dass er Niemandem mit der Grabpflege zur last fallen will und machen ist es einfach egal, aus den Augen aus dem Sinn.
Zu unserem Hof gehören 2 Grabstätten, auf dem alten Friedhof liegen Vorfahren von mir die ich nicht mal gekannt habe, weil sie starben bevor ich geboren wurde. Die Grabstätte ist eingeebnet, aber der Stein steht noch. Die Kirche bat uns um eine Teileinebnung um dort mähen zu können. Für uns heißt es aber nicht, dass diese Menschen für uns vergessen sind. Wir pflegen den Stein und legen schalen und Gestecke vor den Stein. Es ist eines der wenigen Gräber auf dem alten Friedhof das überhaupt noch gepflegt wird. Auf dem neuen Friedhof haben wir eine volle Grabstelle, dort liegen die Verstorbenen der letzten 25 Jahre, sie halten wir in allen Ehren und pflegen sie entsprechend. Auch wenn es nur die Körper der Verstorbenen sind die dort liegen, so finde ich es doch wichtig sie so ihn Ehren zu halten. ich finde es traurig, wenn Gräber in Kraut und Gras untergehen, obwohl es genug Verwandte im Ort gibt, nur keiner fühlt sich zuständig. Und wenn wir die Grabstelle nicht pflegen würden, würde es ganz schön Gerede geben hier im Ort.
Es war schon fast amüsant, als wir vor kurzem Erde auf unserer Grabstelle ausgetauscht haben. Der Friedhof hat sehr geringen Boden und die Gräber war etwas gesackt, daher haben wir 3 m³ guten Mutterboden geholt und die Grabstätte neu angefüllt. Dazu haben wir uns den Friedhofsschlüssel besorgt und sind mit unseren Sprinter möglichst dicht an die Gräber heran gefahren. Als mein Stiefvater und ich dann die Erde ausgetauscht haben, kam ein älterer Herr über den Friedhof, der mich wohl nicht erkannte und meinte wir wären eine Gartenbaufirma. Er plusterte sich auf und meinte, dass könnten die Herrschaften doch auch selber machen. Als ich ihn aufklärte, dass es die "Herrschaften" selber machten musste er ganz plötzlich weg.
Die Grabstätte ist für mich schon ein wichtiger Ort und immer wenn ich dort bin um zu gießen oder zu harken fühle ich mich den Verstorbenen doch näher als zu Hause und es kommen viele Erinnerungen hoch.
Ich weiß von einer Bekannten deren Mann auf See bestattet wurde, dass sie große Probleme damit hatte keinen Ort zu haben an dem sie trauen konnte. Trauer ist sehr individuell und jeder hat seine eigenen Wege und keiner kann sagen welcher Weg der richtige ist. Ich neige dazu Trauer zu verdrängen. Als ich 14 war starb mein Vater, es war das letzte mal, dass ich geweint habe. Ich wollte damals keine Schwäche zeigen und habe es irgendwie verinnerlicht immer nach außen stark wirken zu müssen. Auch wenn es innen ganz anders aussieht. Mich haben auch schon Menschen angesprochen, dass ich ja gar nicht trauern würde, aber was wissen die schon. Trauer muss man nicht immer sehen können und nur weil ich in diesen Situationen sehr kontrolliert bin, heißt es nicht dass ich keine Gefühle habe. Jeder hat seinen Weg und muss ihn gehen und ich denke es ist leichter wenn man jemanden hat der diesen Weg mit einem zusammen geht.