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Pflug - Fluch oder Segen?

Hier ist Platz für alles was auf dem Acker wächst ;-).
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Di Apr 23, 2019 6:08

In der Wissenschaft geht es nur so lange um Meinung, bis Fakten vorliegen.
Wer sich entgegen von Fakten an Meinungen festklammert, ist kein Wissenschaftler, auch wenn er sich hartnäckig so nennt.

Begriffe wie Dauer- und Nährhumus etc. sind wegen ihrer Schwammigkeit längst überholt.
Interessant ist die Kombination aus Daten zur organischen Substanz und zur qualitativen und quantitativen Zusammensetzung der Bodenlebewesen.
Das Wissen geht heute so weit, dass man Zusammensetzung und Menge der Bodenlebewesen passend zur gewünschten Kultur einstellen und so die Kultur optimal versorgen und konkurrierende Pflanzen weitgehend unterdrücken kann. (Siehe z.B. Elaine Ingham und ihre Firma Soil Foodweb Inc.)

Auch die (groben) Abläufe beim schnellen Humusaufbau sind heute schon relativ gut verstanden (Stichworte Liquid Carbon Pathway, Exsudate, Glomalin etc.).

Seit der erste Praktiker gezeigt hat, dass es geht, ist die Diskussion darüber, ob es geht, hinfällig.
Aufgabe der Wissenschaft ist seither, das Wie zu verstehen.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Ulikum » Mi Apr 24, 2019 14:23

:mrgreen:
Man sollte grundsätzlich anderen Denk- und Handlungsweisen gegenüber aufgeschlossen sein.
Aber höre ich von Superlativen dann werde ich misstrauisch, es sind zufiele Gurus unterwegs.
Für das, was ich schreibe bin Ich verantwortlich.!
Nicht für das, was Du verstehst!
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Di Apr 30, 2019 16:24

Ein Video von Hartwig Callsen zur Aggregatstabilität des Bodens nach unterschiedlichen Bewirtschaftungsweisen.

Vergleich von
-Direktsaat
-Flaches Fräsen (wie Wenz/Näser) auf einer mehrjährigen Direktsaatfläche
-Pflug

https://youtu.be/jTwqJCY12ZI?t=225
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon DWEWT » Di Apr 30, 2019 18:44

Was wollte uns H.C. sagen? Der bewachsene Boden wurde in geringstem Maße vom Wasser gelöst. Warum wohl? Er war komplett mit Moos bewachsen. Der Einfluss der Durchwurzelung auf den Bodenzusammenhalt, wurde vernachlässigt. Der doppelt flach bearbeitete Boden zeigt die nachhaltigste Trübung und einen hohen Sedimentanteil am Boden. Der gepflügte Boden zeigt zunächst ebenfalls eine starke Trübung, die aber dann abnahm. Auch hier ein erheblicher Sedimentanteil am Boden. Was sagt uns das? Eine Aussage ist hier nur in Bezug auf das Erosionspotenzial des Bodens, in Abhängigkeit von der Bearbeitung, zulässig. Ganz offensichtlich ist der nur flach bearbeitete Boden hier nicht besser zu bewerten als der gepflügte Boden. Dafür das man dem gepflügten Boden immer das höchste Erosionspotenzial anhängt, ist das ein denkwürdiges Ergebnis.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon tomtom99 » Di Apr 30, 2019 20:58

Ganz so weit wäre ich nicht gegangen! dennoch zeigt die Direktsaat schon dass der Boden ein gutes Gefüge hat, zumindest trübt es kaum bis gar nicht. Das größte Problem das ich sehe ist, dass zu viel Glauben und zu wenig wissen unterwegs ist. Wo Verdammt ist die (glaubwürdige und Unabhängige) Wissenschaft?

der Tom
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Di Apr 30, 2019 20:58

DWEWT hat geschrieben:Eine Aussage ist hier nur in Bezug auf das Erosionspotenzial des Bodens, in Abhängigkeit von der Bearbeitung, zulässig. Ganz offensichtlich ist der nur flach bearbeitete Boden hier nicht besser zu bewerten als der gepflügte Boden. Dafür das man dem gepflügten Boden immer das höchste Erosionspotenzial anhängt, ist das ein denkwürdiges Ergebnis.



Um das Erosionspotential (und mögl. Nährstoffauswaschung) geht es ja bei dem Test.
Zunächstmal ist für mich ein klarer Favourit in dieser Hinsicht zuerkennen (Was sich immer wieder bestätigt, ich habe schon viele solche Videos gesehen. Notill mit mögl. ganzjähriger Bodenbedeckung liegt bei den Ackerproben immer vorne, ebenso wie HPG bei den Weidelandproben.).
Ebenso ist das Schadpotential der flachen mechanischen Bearbeitung zu erkennen. Wir kritisieren ja schon länger, dass die Umstellung von Glyphosat auf mechanische Unkrautbekämpfung den Teufel mit dem Beelzebub austreibt.
Der sehr flachen Bearbeitung kann man noch zugute halten, dass das Wasser wenigstens nach wenigen Zentimetern auf stabilere Bodenschichten trifft, während beim Pflug die gesamte Arbeitstiefe betroffen ist und darunter oft Verdichtungsprobleme bestehen.
Michael Reber hat eingewandt, dass hier bei der Bearbeitung wohl keine Flächenrotte durchgeführt wurde, was nach seiner Beobachtung die Aggregatstabilität deutlich verbessere. Auch wissen wir nicht, wie schnell jeweils wiederbegrünt wurde.

Nach allem, was ich bisher gesehen habe, sollte sich der Ackerbau darauf konzentrieren, No-Till und ganzjährige Begrünung mit artenreichen Zwischenfrüchten und Untersaaten zu optimieren. Kompromisse wird es immer geben müssen. Manche Früchte lassen sich so gar nicht anbauen und jeder hat andere Bedingungen. Auch andere Methoden lassen sich evtl. mit ähnlich guten Ergebnissen hinbekommen.
Aber in der Gesamtschau Wirtschaftlichkeit-Ökologie-Soziales (Gewinn des Betriebs, Boden- und Wasserschutz, soziale Akzeptanz) konnte ich noch nichts Besseres finden.
Wenn ich König von Deutschland wäre, würde ich deshalb die Ackerbau-Forschung konsequent in diese Richtung lenken und die Anschaffung von No-Till-Maschinen und Roller-Crimpern fördern. Je mehr Praktiker damit experimentieren, desto eher kommen wir vom bisher hohen Herbizidbedarf vieler No-Till-Betriebe runter, und desto mehr CO2 kriegen wir in Form organischer Substanz in die Böden, desto mehr lebende Biomasse und Biodiversität haben wir in den Böden und desto besser wird die Versickerungskapazität und Wasserspeicherfähigkeit der Böden.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon DWEWT » Mi Mai 01, 2019 9:17

Manfred hat geschrieben:Wenn ich König von Deutschland wäre, würde ich deshalb die Ackerbau-Forschung konsequent in diese Richtung lenken


Genau da liegt das Problem. Schon seit Jahrzehnten versucht die Politik, die Forschung zu lenken. Das ist fatal. Die unabhängige Forschung hat sich an Problemstellungen/Problemen/Zielsetzungen zu orientieren. Welchen Weg sie da geht, muss ausschließlich die Forschung festlegen. Sie muss auch die Freiheit haben, schon ermittelte Daten auszuwerten und die Forschungsrichtung diesen Daten anzupassen; egal ob es den Auftraggebern gefällt oder nicht. Viele Forschungen werden nicht abgeschlossen weil der Auftraggeber, aufgrund der Erwartung eines ihm nicht genehmen Ergebnisses, die Gelder kürzt/komplett streicht. Forschung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die auch maßbeglich von der Gesellschaft zu finanzieren ist. Die Tatsache, dass wir lebensmittelversorgungstechnisch im absoluten Luxus leben, trägt dazu bei, dass Forschung zur Effektivitätssteigerung der Erzeugung, auch hinsichtlich der Ressourcenschonung, von der Politik als nicht wirklich notwendig erkannt wird. Überhaupt ist die Positionierung der Politik, hinsichlich der zukünftigen Landwirtschaftspolitik, doch nur die Konsequenz aus dem Treiben der NGO`s. Egal welche Partei man nimmt, ein echtes, auf die Zukunft der Landwirtschaft gerichtetes Interesse, zeigt heute keine.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon CarpeDiem » Mi Mai 01, 2019 9:25

DWEWT hat geschrieben:Positionierung der Politik, hinsichlich der zukünftigen Landwirtschaftspolitik, doch nur die Konsequenz aus dem Treiben der NGO`s. Egal welche Partei man nimmt, ein echtes, auf die Zukunft der Landwirtschaft gerichtetes Interesse, zeigt heute keine.


Dem ist nun wirklich nichts hinzuzufügen. Diese sollte jeder Lw bzw. die sich damit verbunden fühlen, berücksichtigen. Zu erwarten hat der Berufsstand von der Politik nix! Insbesonders BV - Funktionären sollte man dies immer wieder klarmachen.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon elchtestversagt » Mi Mai 01, 2019 9:45

Dem stimme ich voll zu.
Anstatt zu Forschen, auch in Bezug auf Effizienz geht das ganze einen anderen Weg.
Für meinen Teil bin ich ja stärker in der Tierhaltung betroffen, dort sind wir ja "weiter" auf dem "Zurück in 19. Jahrh."

Es geistern ja mittlerweile auch die Zitate von Michael Horsch im Netz rum, in Bezug auf "Digitalisierung und Reingewinn".
Wie war das noch gleich, ich versuche mal zu zitieren " Der Landwirt, der tagelang über seinen Acker läuft und ihn sich genau ansieht verdient mehr wie der Landwirt, der im Büro sitzt und Datenmengen versucht aus zu werten"....

Aber alle rennen dem Synonym "Farming 4.0" hinterher....
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon DWEWT » Mi Mai 01, 2019 11:13

elchtestversagt hat geschrieben:Wie war das noch gleich, ich versuche mal zu zitieren " Der Landwirt, der tagelang über seinen Acker läuft und ihn sich genau ansieht verdient mehr wie der Landwirt, der im Büro sitzt und Datenmengen versucht aus zu werten"....


Die Voraussetzung für den "richtigen Blick", ist aber immer noch eine gute und stets aktuell gehaltene Wissenslage! Wer würde für sich beanspruchen, diesem Anspruch immer gerecht zu werden? Entweder wird man zum "Fachidioten" der den Blick über den Tellerrand verliert oder man grenzt das Spektrum des notwendigen Wissens ein. Letztgenannte Möglichkeit trifft man in der heutigen ldw. Praxis i.d.R. an. Wenige Kulturen und enge Fruchtfolgen sind da das Ergebnis. Diese "Fachleute" sind dann allerdings nicht in der Lage, eine Aussage zur gesamtlandwirtschaftlichen Situation in D. zu machen. Wobei man sagen muss, dass das Fachwissen dieser Kollgen z.T. auch der ständigen Verfügbarkeit des Internet zu verdanken ist. Ohne ihr wasauchimmer-phone, sind diese Leute häufig aufgeschmissen. Schöne neue Schein-Wissen-Welt.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Mi Mai 01, 2019 19:39

DWEWT hat geschrieben:Genau da liegt das Problem. Schon seit Jahrzehnten versucht die Politik, die Forschung zu lenken. Das ist fatal. Die unabhängige Forschung hat sich an Problemstellungen/Problemen/Zielsetzungen zu orientieren.


Heute ist die Situation die, dass im landwirtschaftlichen Bereich Wissenschaftler ihren Job kündigen und sich selbständig machen oder sich private Auftraggeber suchen, um endlich wissenschaftlich statt nach politischen und wirtschaftlichen Vorgaben arbeiten zu können.
Noch schlechter kann es kaum werden.
Den Bereich Anwendungsforschung wieder an den Bedürfnissen der Landwirtschaft auszurichten, wäre kein Rückschritt.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon DWEWT » Mi Mai 01, 2019 20:40

Manfred hat geschrieben:
DWEWT hat geschrieben:
Den Bereich Anwendungsforschung wieder an den Bedürfnissen der Landwirtschaft auszurichten, wäre kein Rückschritt.


Wie definierst du denn "Landwirtschaft"? Ist es der augenblickliche Wirtschaftszweig der Lebensmittel, bzw. Lebensmittelrohstoffe erzeugt oder ist es grundsätzlich der Wirtschaftsbereich mit Ernährungsfunktion? Die augenblickliche Landwirtschaftspraxis geht zurück auf das System "Integrierter Landbau" aus den 80er Jahren. Bedeutendste Begrifflichkeit dieses Systems ist das "Schadschwellenprinzip". Es handelt sich dabei um ein System mit rein ökonomischer Ausrichtung. Seine Unzulänglichkeit trat zutage, als auch ökologische Ansrüche berücksichtigt werden sollten. Man bedenke, dass in den 80er Jahren z.B. der Mais noch bedenkenlos mit 360kg N gedüngt wurde.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Do Mai 02, 2019 8:57

DWEWT hat geschrieben:Wie definierst du denn "Landwirtschaft"? Ist es der augenblickliche Wirtschaftszweig der Lebensmittel, bzw. Lebensmittelrohstoffe erzeugt oder ist es grundsätzlich der Wirtschaftsbereich mit Ernährungsfunktion? Die augenblickliche Landwirtschaftspraxis geht zurück auf das System "Integrierter Landbau" aus den 80er Jahren. Bedeutendste Begrifflichkeit dieses Systems ist das "Schadschwellenprinzip". Es handelt sich dabei um ein System mit rein ökonomischer Ausrichtung. Seine Unzulänglichkeit trat zutage, als auch ökologische Ansrüche berücksichtigt werden sollten. Man bedenke, dass in den 80er Jahren z.B. der Mais noch bedenkenlos mit 360kg N gedüngt wurde.



Dass ich mich bemühe, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, dürftest du ja inzwischen mitbekommen haben.
Die Frage ist also: Wie kriegen wir den Dreiklang aus Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Sozialem hin.
Wir brauchen also:
-Gute Einkommen für die in der landwirtschaft Tätigen und bezahlbare Preise für die Abnehmer unserer Produkte
-Eine Landwirtschaft, die mindestens nachhaltig ist (also nichts verschlechtert) und besser regenerativ ist (also bereits angerichtete Schäden repariert) und trotzdem die benötigte (und wegen des gewünschten Umstiegs auf eine Bioökonomie wohl weiter steigende) Menge an Agrarprodukten liefert
-Gute Lebensqualität inkl. sozialer Anerkennung für alle Beteiligten

Das ist der Rahmen, den gute Agrarforschung, gute Agrarpolitik, gute Betriebsleitung ständig im Blick haben muss. Sobald sie sich abweichend davon auf einen verkürzten Kontext zurückzieht, steigt die Wahrscheinlichkeit Scheinlösungen mit diversen unerwünschten Nebenwirkungen zu produzieren, exponentiell an.
Und genau das haben wir und unsere Vorgänger halt seit jeher gemacht: Entscheidungen vor verkürztem Kontext getroffen. Wenn wir so weitermachen, wird es nicht besser, sondern noch schlechter.
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon DWEWT » Do Mai 02, 2019 14:42

Manfred hat geschrieben:
Die Frage ist also: Wie kriegen wir den Dreiklang aus Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Sozialem hin.
Wir brauchen also:
-Gute Einkommen für die in der landwirtschaft Tätigen und bezahlbare Preise für die Abnehmer unserer Produkte
-Eine Landwirtschaft, die mindestens nachhaltig ist (also nichts verschlechtert) und besser regenerativ ist (also bereits angerichtete Schäden repariert) und trotzdem die benötigte (und wegen des gewünschten Umstiegs auf eine Bioökonomie wohl weiter steigende) Menge an Agrarprodukten liefert
-Gute Lebensqualität inkl. sozialer Anerkennung für alle Beteiligten

Das ist der Rahmen, den gute Agrarforschung, gute Agrarpolitik, gute Betriebsleitung ständig im Blick haben muss. Sobald sie sich abweichend davon auf einen verkürzten Kontext zurückzieht, steigt die Wahrscheinlichkeit Scheinlösungen mit diversen unerwünschten Nebenwirkungen zu produzieren, exponentiell an.


Gehen wir noch einmal kurz auf die Forschung ein. Forscher arbeiten in ihren Disziplinen. D.h., in jeder der o.g. Disziplinen arbeiten Wissenschaftler und zwar ohne einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen!
Es stellt sich mir auch die Frage, warum wir in der Landwirtschaft den Dreiklang hinbekommen sollten. Was interessiert es z.B. die Automobilindustrie, wie sich ihre Produkte auf die Ökologie auswirken? Abgesehen von Diesel- und sonstigen Skandalen, genießt diese Industrie immer noch ein hohes Ansehen. Nein, ich finde nicht, dass es ein besonderes Interesse der Landwirtschaft sein sollte, auf die "soziale Anerkennung" großen Wert zu legen. Menschliches Leben, zumindest seit der Neuzeit, war nie, ist nicht und wird auch nie nachhaltig sein! Eine nachhaltige Lebenspraxis, würde die Gefahren für Leib und Leben extrem gefährden. Sämtliche Daseinsfürsorge müsste auf dem Altar der Nachhaltigkeit geopfert werden. Ohne mich!
Was sind "gute Einkommen"? Man kann auch gut mit wenig leben. Derzeit geben wir ca. 10% unseres Einkommens für Lebensmittel aus, von denen wir noch ca. 33% wegwerfen. D.h., wir bräuchten eigentlich nur 6,6666% für Lebensmittel ausgeben, wenn wir sie komplett verwerten würden. Da wir auch bei den verzehrten Lebensmitteln noch Luxuskonsum praktizieren, könnten wir dort noch einmal ca. 20% sparen. D.h., wir bräuchten nur ca. 5% unseres Einkommens für Lebensmittel aufwenden. Hätte nicht der überwiegende Teil der männlichen Bevölkerung das Bedürfnis eine mobile Persönlichkeitsprothese als fahrbaren Untersatz zu halten, könnten ca. 50% der Individualmobilitätskosten eingespart werden. Würden weniger Menschen von ihrem Job angeödet werden, würde evtl. ein Auslandsurlaub im Jahr ausreichen. Dadurch würde ca. 25% des Flugverkehrsauskommens eingespart werden können. Diese Auslistung könnte man fast endlos fortsetzen. Warum überhaupt diese Auflistung? Weil für all diese Aktivitäten verfügbares Einkommen verwendet, bzw. verschwendet, wird. Für die Grundbedürfnisse wird, auch in den sehr zivilisierten Gesellschaften, nur noch wenig vom Einkommen verwendet. Wer natürlich meint, das Loft in München habe noch etwas mit dem Grundbedürfnis "Unterkunft/Wohnung" zu tun, wird das vermutlich anders beurteilen. In diesem Zusammenhang gilt es auch die Begrifflichkeit "bezahlbare Preise für die Abnehmer" zu beleuchten. Wie oben schon beschrieben, gilt es, die Wertmaßstäbe bei den Grundbedürfnissen mal wieder neu zu justieren. Kann es sein, dass ein Liter Benzin fast doppelt soviel kostet wie ein Liter Milch? Kann es sein, dass der Getreidewert eines Brötchens lediglich 0,012€ beträgt? Als ich vor fast 40 Jahren mein Studium aufnahm, haben Tangermann, Köhne, Brandes und Co. solche Szenarien als Realität für die Zukunft vermittelt. Sie konnten uns Studenten damit nur ein müdes Lächeln abringen. Zu unwahrscheinlich war das, aus der damaligen Perspektive. Dabei war die entsprechende Entwicklung damals schon längst eingestielt. Wenn ich, mit dem Wissen von heute, zurückschaue, wäre ich vielleicht besser Lehrer geworden. In diesem Sinne!
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Re: Pflug - Fluch oder Segen?

Beitragvon Manfred » Do Mai 02, 2019 17:23

DWEWT hat geschrieben:Gehen wir noch einmal kurz auf die Forschung ein. Forscher arbeiten in ihren Disziplinen. D.h., in jeder der o.g. Disziplinen arbeiten Wissenschaftler und zwar ohne einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen!


Genau das liegt das Problem. Das unterteilen in Disziplinen funktioniert ausschließlich in nicht komplexen Systemen. Der Begriff Komplexität wird leider oft falsch oder missverständlich verwendet. Komplex bedeutet, dass Selbstregulierung auftritt.
Der technische Bereich kann zwar sehr kompliziert sein, mit vielen Variablen, ist aber idR nicht komplex. Eine Mondrakete, ein Auto, einen Computer, kann ich ein einzelne Baugruppen und Teile zerlegen, diese einzeln entwickeln und am Ende zu einem funktionierenden Ganzen zusammenfügen.
Überall dort, wo wir mit Komplexität, also Selbstregulierung, zu tun haben, funktioniert das nicht. Also bei allem, was mit "Natur", mit Leben, mit zwischenmenschlichen Beziehungen etc. zu tun hat.
Komplexe Systeme zu zerlegen und in Eizelteilen zu betrachten kann nicht funktionieren, weil diese isolierten Teile durch Selbstregulierung ihr Verhalten ändern.
Deshalb richtet das "Fachidiotentum" so großen Schaden an. Echte Erkenntnis über das Funktionieren solcher Systeme ist nur durch das Überwinden der Unterteilung in Disziplinen möglich.
Sonst kommt man auf so dämliche Ideen, wie eine Kuh getrennt von ihrem Biotop zu betrachten und zu behaupten, sie verursache ein Methan-Problem, während sie zusammen mit dem Biotop, das sie erhält, eine Methansenke darstellt.
Oder man kommt auf die Idee, Waldstillegung in D diene dem Naturschutz, während sie in Wahrheit durch ihre indirekten Auswirkungen die artenreichsten Biotope der Erde zerstört.
Komplexe Systeme lernt man nur durch die Beobachtung des Ganzen und das Erkennen von Zusammenhängen und Mustern zu verstehen.


Was interessiert es z.B. die Automobilindustrie, wie sich ihre Produkte auf die Ökologie auswirken?


Ich habe nie behauptet, dass die Autoindustrie keine offenen Baustellen hat.
Interessant ist: Was können wir von der Autoindustrie lernen? Sie ist deutlich wirtschaftlicher als die Landwirtschaft und investiert zudem konsequent in ihre soziale Anerkennung. So viel, dass selbst der Dieselskandal sie nicht ernsthaft schädigen kann.


Menschliches Leben, zumindest seit der Neuzeit, war nie, ist nicht und wird auch nie nachhaltig sein! Eine nachhaltige Lebenspraxis, würde die Gefahren für Leib und Leben extrem gefährden. Sämtliche Daseinsfürsorge müsste auf dem Altar der Nachhaltigkeit geopfert werden. Ohne mich!


Sehe ich überhaupt nicht so. Ganz im Gegenteil ist regeneratives Wirtschaften Daseinsfürsorge für zukünftige Generationen.
Ich sehe da keine Herausforderung, die langfristig nicht zu bewältigen wäre.

Was sind "gute Einkommen"?


Als gutes Einkommen sehe ich an, wenn ein Wirtschaftszweig mit dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft mitschwimmen kann.
Das würde in D bedeuten: Vollständige Entlohnung der eingesetzten Arbeitskraft gemäß der jeweiligen Qualifikation + 10% Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital.
Innerhalb der Branche wird es natürlich weiter eine große Schwankungsbreite von Pleite bis zu hohen Gewinnen geben.
Wer mit dem Durchschnitt nicht mithalten kann, verbrennt sein Eigenkapital und seine Arbeitskraft und gehört langfristig zu den sicheren Verlierern.

Man kann auch gut mit wenig leben.


Ja. Aber das kann nur jeder für sich selbst definieren.
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