Wetten, dass?
Von Maxeiner & Miersch erschienen in DIE WELT vom 16.05.08
Als Familienväter sind uns diskursive Auseinandersetzungen mit Minderjährigen ein gewohntes Ritual. Wenn der einen oder anderen Seite die sachlichen Argumente ausgehen, dann kommt sehr bald der Punkt, an dem es trotzig heißt: „Wetten, dass ich recht habe?“ So geht das jetzt auch in der Klimaforschung. Eine Gruppe von deutschen Forschern hatte kürzlich für die kommende Dekade eher sinkende Temperaturen vorhersagt. Das war insofern bemerkenswert, als es sich um Wissenschaftler handelt, die im Weltklimarat IPCC mitarbeiten. Der Rat hatte in seinem jüngsten Bericht noch das Gegenteil prognostiziert.
Was nun, müssen sich die Kollegen gefragt haben. Wollen die uns etwa die Klimakatastrophe kaputtmachen? Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Und es kam, wie es kommen musste: Ein halbes Dutzend der einflussreichsten Forscher des Weltklimarates, angeführt von Stefan Rahmstorf vom Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, halten jetzt mit einer Wette dagegen: „Wanna Bet?“ Der Professor aus Potsdam und seine Freunde repräsentieren gewissermaßen die Königsklasse des Metiers und sind bereit „serious money“ für ihre Überzeugung zu riskieren. Und wie viel „serious money“ setzen die Erwärmungs-Propheten gegen fallende Temperaturen? Schließlich ist die Sache doch laut Klimarat so gut wie sicher? Eine Million Euro? 100 000 Euro? 10 000 Euro? Nein. Für den Fall, dass sie unrecht haben, offerieren sie, man höre und staune: 2 500 Euro! Alle Achtung! Das Vertrauen in die Vorhersagen des Welt-Klimarates seitens seiner führenden Repräsentanten drückt sich in einer Summe aus, die einem betagten Gebrauchtwagen mit frisiertem Tacho und ohne Garantie entspricht. Ein bekanntes Bonmot, dass meist Niels Bohr zugeschrieben wird, lautet: „Vorhersagen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Das stimmt auch weiterhin, allerdings waren sie noch nie so billig wie heute.
Vielleicht sollte Frau Merkel ihre Potsdamer Klimaberater ein wenig umschulen. Man stelle sich doch mal vor, Norbert Blüm hätte vor 22 Jahren gesagt: „Die Rente ist sicher und darauf wette ich 2 500 Euro.“ Oder Walter Steinmeier würde prognostizieren: „Kurt Beck wird nächster SPD-Kanzlerkandidat, darauf setze ich 2 500 Euro.“ Da fasst der Bürger doch gleich Vertrauen. Bemerkenswert ist bei der Klimawette auch das Verständnis von „serious money.“ Sind 150 Milliarden Euro, die das Kyoto-Protokoll schätzungsweise pro Jahr weltweit kostet, vielleicht kein richtiges Geld? Ist das alles nur Spielgeld, was an Klimaschutzkosten den Bürgern abgenommen wird? Ach ja, eine Rücktrittsklausel haben Sie auch noch eingebaut: Wenn ein größerer Vulkan ausbreche, dann soll die Wette nicht gelten. Wie praktisch: Es ist ein großer Vulkan ausgebrochen: der Chaitén in Chile Und zwar einige Tage BEVOR sie ihre Klimawette ausriefen.